Simons Kurvendiskussion: Ein Friedrichshainer Fotograf und seine besondere Heimatkunde
Friedrichshain. Der Termin klingt zunächst etwas schlüpfrig. Am 11. Oktober wird im Crack Bellmer auf dem RAW-Gelände der Curvy-Berlin-Kalenders 2016 vorgestellt. Das monatliche Motiv sind dort Frauen mit einer überdurchschnittlichen Oberweite.
Dass sich bei so einer Beschreibung zunächst bestimmte Phantasien regen, ist Simon Akstinat natürlich klar. Von dem Friedrichshainer stammt die Idee für den kurvenreichen Jahresbegleiter und er hat die Teilnehmerinnen auch fotografiert. Wer sich hier auf dem Schmuddelweg begebe, liege aber völlig neben der Spur, macht er deutlich. Schon deshalb, weil die Teilnehmerinnen vollständig bekleidet abgelichtet wurden. Es gehe einfach darum, Frauen mit besonderer und natürlicher Körbchengröße herauszustellen. Auch als Gegensatz zum noch immer vorherrschenden Magermodelltrend. Abgesehen davon habe das Ganze keinen großen theoretischen Überbau. „Es soll einfach witzig sein“, beendet Simon Akstinat die Kurvendiskussion.
Der Kalender ist nur eines von vielen Projekten des 37-jährigen Fotografen, Autoren und Produzenten. Allen gemeinsam, ist ein meist ungewöhnliches Thema und eine besondere Herangehensweise. Und viele haben direkt oder zumindest indirekt mit Friedrichshain, beziehungsweise dem Bezirk zu tun. Denn Simon Akstinat betreibt eine spezielle Art von Heimatkunde.
Dass er hier lebe sei kein Zufall, sagt der gebürtige Rheinländer, der 2009 hergezogen ist. Nirgendwo in Berlin gebe es einen besseren Platz, um sich inspirieren zu lassen. „Und du triffst auch die Leute, die bei den Ideen mitmachen.“
So entstand im Friedrichshainer Kreativklima in den vergangenen Jahren zum Beispiel ein Fotoband über Paare und deren Beziehung zu ihrem Fahrrad. Ebenso ein weiteres Bilderbuch, das unter dem Titel „Wir sind die Guten“ abseitige, skurrile oder dogmatische Plakatpamphlete im öffentlichen Raum des Bezirks festhielt. Auch die lokale Talkshow „Kiezsofa“, bei der Akstinat und seine Co-Moderatorin Nadine Kleifges regelmäßig interessante Gäste einladen, feierte im November 2013 ihre Premiere im Lokal Pri Maria in der Gärtnerstraße. Im Februar 2014 folgte ein Ableger in Kreuzberg. Inzwischen hat sich das Kiezsofa in weiteren Bezirken etabliert.
Und für den Curvy-Contest erwies sich Friedrichshain ebenfalls als der optimale Castingort. Die meisten seiner Protagonistinnen hat Simon Akstinat hier gefunden. Zum Beispiel Laura (24). „Ich saß mit einem Bekannten am Frankfurter Tor“, erinnert sie sich an die erste Begegnung. Zunächst habe der Fotograf ihren Begleiter mit seinem Anliegen konfrontiert. „Bis ich klar machte, dass ich selbst reden kann.“
Laura hat sich zunächst gefragt, ob die Sache seriös ist. „Simon sagte, google mich und überleg es dir.“ Das hat sie gemacht, fand seine bisherigen Projekte spannend und machte mit. Ihr Foto sieht sie auch als Statement gegen mache nicht nur dumme, sondern oft beleidigende Anmache. „Es ist demütigend, was man sich da manchmal anhören muss.“ Schon deshalb stärke das Kalenderprojekt auch das eigene Selbstbewusstsein.
Laura würde auf jeden Fall immer wieder bei einer Aktion von Simon Akstinat mitmachen. Mal sehen, was dem als nächstes in seinem Friedrichshainer Inspirationsbiotop einfällt.
Die Curvy-Präsentation am 11. Oktober beginnt um 16 Uhr. Der Eintritt ist frei, es wird aber um eine kleine Spende für die Musikerinnen gebeten. Der Kalender kostet 19 Euro. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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