Alles Müller, oder was? Der Regierende Bürgermeister in der Heilig-Kreuz-Kirche
Friedrichshain-Kreuzberg. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) tourt derzeit durch die Bezirke. Die Auftritte sind natürlich dem kommenden Wahlkampf geschuldet. Auch das Friedrichshain-Kreuzberger Gastspiel, das am 19. Mai in der Heilig-Kreuz-Kirche stattfand.
"Füreinander" heißt das Wahlkampfmotto der Sozialdemokraten. Auch ihr Spitzenmann gibt sich volksnah. Er wandert über die Bühne. Es gibt keinen Moderator, das erledigt Müller selbst. Nach einem kurzen Eingangsstatement können Fragen gestellt werden. Der Regierende ruft auch die Wortmeldungen auf. Und muss den einen oder anderen Zwischenruf parieren.
Rund 200 Besucher wollten den Bürgermeister sehen. Natürlich bildeten die Genossen die Mehrheit. Stark vertreten waren aber auch Vertreter verschiedener Initiativen. Der Grüne Abgeordneten Turgut Altug beobachtete ebenfalls die Vorstellung des politischen Gegners: "Müller ist in meinem Wahlkreis."
Alle Aufreger angesprochen
Durchdekliniert wird ein Großteil der aktuellen Aufreger in Friedrichshain-Kreuzberg – von der Kriminalität über Mietsteigerungen, der Situation auf dem Dragonerareal ("es gibt noch keine Rückgabe der BIMA") bis zum SEZ. Der Eigentümer habe die beim Kauf 2003 vereinbarten Bedingungen nicht erfüllt. "Hier fühle ich mich verarscht." Deshalb müsse eine Rückabwicklung überlegt werden.
Nicht nur Kuscheln
Als eine Fragestellerin die negativen Auswirkungen des Massentourismus’ im Bezirk beklagt und Müller süffisant kontert, sie wohne doch noch immer hier, kam kurzzeitig Unmut auf. Der Regierende rudert danach etwas zurück und stellt sogar möglicherweise mehr Mittel für besonders von Berlin-Besuchern betroffene Bezirke in Aussicht. Gleichzeitig lässt er keinen Zweifel, dass der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor bedeute: "Davon profitiert die ganze Stadt." Das sahen nicht alle so.
Müller gibt sich souverän, stellt sich auf das Publikum ein, ohne jedem nach dem Mund zu reden. Einem Lehrer, der beklagt, dass seine Berufszunft in Berlin nicht mehr verbeamtet werde und er überlege, in ein anderes Bundesland zu wechseln, macht er klar, dass er das zwar bedauere, aber Reisende nicht aufhalten könne.
Bei anderen Problemen spielt er den Ball ins Feld des Bezirks zurück. Friedrichshain-Kreuzberg habe mehr als 270 000 Einwohner und einen Etat von rund 500 Millionen Euro. Daraus ergeben sich eigene Gestaltungsmöglichkeiten. "Nicht an allem ist der Senat schuld."
Warmlaufen für den Wahlkampf
Der Abend war ein Warmlaufen für den Wahlkampf. Und der Regierende hat darin die Rolle des staatstragenden Berlin-Kümmerers. Deutlich wurde das bei seinem Schlusswort. Er sei natürlich auch in eigener Sache unterwegs, aber vor allem gehe es ihm am 18. September um die Entscheidung "für ein demokratisches Berlin" und ein Votum "gegen Rechtsextremisten und Rechtspopulisten".
Diese Aussagen konnte sogar Turgut Altug unterschreiben. Anderes natürlich weniger. Alex Ratajezak fand den Abend auf jeden Fall "interessant". Dem 22-Jährigen gelang auch noch ein Selfie mit Michael Müller. Dabei gehört er gar nicht zu dessen Parteigängern. "Ich bin in der CDU." tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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