SPD nominiert Andy Hehmke als Stadtratskandidaten

Andy Hehmke soll in den kommenden fünf Jahren die SPD im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg vertreten. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg.79 Genossen votierten mit Ja, zehn mit Nein, drei enthielten sich. Mit diesem Resultat wählte die Kreisdelegiertenversammlung der SPD Andy Hehmke am 4. November zum Kandidaten für ihren Stadtratsposten im Bezirksamt.

Der 42-jährige bisherige BVV-Fraktionsvorsitzende war bei dem Treffen im Willy-Brandt-Haus der einzige Bewerber. Unter anderem darum ging es vor der Abstimmung. Denn ehe das klare Wahlergebnis feststand, gab es erst einmal eine ausufernde Debatte. Bei der kritisierte zum Beispiel Martina Hartleib, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), das Procedere der Kandidatenfindung sowie das Fehlen einer weiblichen Alternative. Man hätte die Stelle ja auch ausschreiben können, so wie das die Grünen machen würden. Und sie bezweifelte, dass Frauen wirklich dazu ermutigt worden waren, anzutreten.

Dem widersprachen andere Redner. Seit dem Amtsverzicht des bisherigen Stadtrats Dr. Peter Beckers Mitte Oktober hätten sich potentielle Bewerberinnen melden können. "Und sie könnten das sogar heute Abend noch." Der Kreisvorsitzende Harald Georgii verriet, dass er mehrere Frauen persönlich angesprochen habe, darunter "einen prominenten Namen." Um wen es sich dabei gehandelt hat, war schnell kein Geheimnis mehr. Nämlich Bilkay Öney, bis Frühjahr 2016 Integrationsministerin in der grün-roten-Landesregierung in Baden-Württemberg. Nach der Wahlklatsche für die SPD im Südwesten verlor sie dieses Amt.

Die Berlinerin und ehemalige Grüne verzichtete aber auf einen möglichen Stadtratsposten in Friedrichshain-Kreuzberg. Jemanden von außen zu installieren, wäre vielleicht auch nicht so gut gewesen, fand Harald Georgii. Wobei manche Delegierte der Idee etwas abgewinnen konnten. "Bilkay Öney hätte die Grüne Bürgermeisterin Monika Herrmann sicher in Wallung gebracht", meinte einer.

So lief es aber auf Andy Hehmke hinaus, dessen Erfahrung und Kompetenz in der Kommunalpolitik niemand bestritt. Eher ging es wieder um Klein-Klein, wie die Anmerkung, auch der neue Stadtrat käme ja aus Friedrichshain, wie schon die beiden verbliebenen SPD-Mitglieder des Abgeordnetenhauses aus dem Bezirk. Solche Debatten erinnerten ihn an den kalten Krieg, "nur ohne Mauer", konterte der Kandidat. Zwei Dinge könne er nun einmal nicht mehr ändern. "Dass ich aus dem Osten komme und dass ich ein Mann bin".

Abgesehen davon präsentierte er sich als der geeignete Kandidat für seine wahrscheinlichen Aufgabenbereiche als Stadtrat. Der Schul- und Bildungsbereich wäre seit seinen Anfängen als Bezirkspolitiker einer seiner Schwerpunkte gewesen. Hier gehe es in den kommenden Jahren um den weiteren Ausbau und um die Sanierung vieler Schulen. Die Schulreinigung würde er gerne von bezirklichen Mitarbeitern durchführen lassen und den Auftrag nicht mehr an Fremdfirmen vergeben. Auch das Thema Ausbildung und Beschäftigung, gerade für Schüler ohne Abschluss, liege ihm am Herzen. Das alles erfordere sicher auch Kämpfe mit der Landesebene. Etwa bei der Prognose des Senats, nach der es in Kreuzberg auch künftig kein Defizit an Schulplätzen gebe. Wie er überhaupt wahrscheinlich zwei Drittel seiner Arbeitszeit diesem Ortsteil widmen müsse.

Bei der Wirtschaftsförderung, die wohl ebenfalls in der Verantwortung der SPD bleibt, plädierte er für ein Austarieren der unterschiedlichen Interessen. Trotz allem Verständnis für die Attraktivität der Ausgehmeilen im Bezirk müssten die Belange der Anwohner schwerer wiegen als die des Partypublikums. Und alteingesessene Geschäfte sollen in den Kiezen erhalten und ihre Verdrängung durch weitere Lokale verhindert werden.

Emotional wurde Hehmke nach einem Redebeitrag, der gönnerhaft vermerkte, die Beförderung zum Stadtrat bedeute eine "Belohnung" für seine bisherige Arbeit. "Ich bin sehr glücklich in meinem Job. Meine Frau hat eine unbefristete Beschäftigung. Wir haben zwei Kinder und eine schöne Wohnung." Jetzt Stadtrat zu werden und dafür, so schwang es mit, eine Menge Lebensqualität abzugeben, bedeute weniger Belohnung, als Herausforderung.

Auch solche Aussagen sicherten wohl am Ende sein deutliches Ergebnis. Wobei nach der Auszählung zunächst diskutiert wurde, ob es überhaupt gültig ist. Denn angemeldet für die Kreisdelegiertenkonferenz hatten sich 92 Genossen. Aber es wurden in geheimer Wahl 93 Stimmen abgegeben. Weil auch der Überhang am Resultat nichts geändert hätte, wurde es per Akklamation akzeptiert.

Ohnehin war eine Stimme ungültig. Denn auf diesem Zettel stand der Namen des bisherigen Stadtrats Peter Beckers. tf

Zur Person Andy Hehmke wurde 1974 in Magdeburg geboren und wuchs im Landkreis Barnim (Brandenburg) auf. Er machte Abitur an der Thomas-Mann-Oberschule in Reinickendorf, arbeitete danach in einem Kibbuz in Israel und leistete Zivildienst bei der Diakonie. Hehmke studierte zunächst Politikwissenschaft und Germanistik an der Freien Universität Berlin, später Soziale Arbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen. 1996 Umzug nach Friedrichshain und Eintritt in die SPD. 1998 Bürgerdeputierter, seit 2000 Mitglied der BVV. Drei Jahre später wurde er zum Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bezirksparlament gewählt, ein Amt, das er bis jetzt innehatte. Seit 2006 Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Hehmke arbeitete in den vergangenen Jahren beim Kreisverband Spree-Wuhle der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Er ist verheiratet mit Anita Leese-Hehmke (SPD). tf

Andy Hehmke soll in den kommenden fünf Jahren die SPD im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg vertreten. | Foto: Thomas Frey
Mit dem Segen von Willy Brandt. Andy Hehmke (rechts) und der bisherige Stadtrat Peter Beckers. | Foto: Thomas Frey
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Thomas Frey aus Friedrichshain

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