Stadtrat verteidigt sein Vorgehen
Panhoff hatte wegen der verfahrenen Situation in der Gerhart-Hauptmann-Schule am 1. Juli ein Räumungsersuchen bei der Polizei gestellt. Rund 40 Flüchtlinge weigerten sich nach dem Auszug der übrigen rund 200 Bewohner ab dem 24. Juni das Gebäude zu verlassen. Nach Panhoffs Vorstoß gab es eine Vereinbarung, nach der die Besetzer erst einmal in einem Teil des Gebäudes bleiben können.
Seit seinem Alleingang steht der Stadtrat unter Beschuss. Die linksautonome Szene machte gegen ihn mobil und im politischen Raum wollen ihn Linke und Piraten mit ihrem Abwahlantrag zu Fall bringen. Deren Redner fuhren teilweise heftiges Geschütz auf. "Sie haben mit Menschenleben gespielt und sind ein Hasardeur", erklärte der Bezirksverordnete Reza Amiri (Linke). Sein Fraktionskollege Oliver Nöll warf ihm vor "Beschlussvorlagen der BVV mit Füßen getreten zu haben."
In einer rund einstündigen Rede verteidigte Panhoff sein Vorgehen. Er ließ dabei noch einmal die Zeit seit der Besetzung der Schule Ende 2012 Revue passieren. Mindestens ein Mal pro Woche habe er sich seit vergangenen Sommer dort aufgehalten, ohne dass die Gespräche einen wirklichen Durchbruch gebracht hätten. "Gefordert wurde ein Bleiberecht, dass wir als Bezirk gar nicht erfüllen konnten."
Darauf hätten aber seit 24. Juni auch die verbliebenen Besetzer in dem Gebäude gepocht und ansonsten Verhandlungen abgelehnt. Gleichzeitig stellte Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt dem Bezirk ein Ultimatum. Er drohte seine Beamten abzuziehen, was die Gefahr eines erneuten massenhaften Zuzugs in die Schule zur Folge gehabt hätte. "Hier beginnt mein Alleingang", machte Panhoff deutlich. "In meiner Wahrnehmung hat sich nicht abgezeichnet, wie man sonst aus dieser Situation herauskommt." Vom Ergebnis sieht er sich im Nachhinein bestätigt. Einen Tag später sei es zu einer Lösung gekommen. "Es hat funktioniert."
Von der Besuchertribüne wurden Panhoffs Ausführungen immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen. Manche davon waren ziemlich unter der Gürtellinie. "Wenn dir was nicht gefällt, holst du die Bullen", kreischte beispielsweise eine Frau. Szenen wie bei der BVV im November, als Flüchtlinge und Unterstützer den Saal okkupiert hatten, blieben aber dieses Mal aus. Dafür sorgte bereits ein massives Aufgebot von Polizei und Wachschützern. Und es gab von den Rängen nicht nur Ablehnung, sondern auch Beifall für den Stadtrat.
Eindeutig hinter sein Vorgehen stellte sich bei der Debatte aber nur die SPD-Fraktion. "Wir sprechen Hans Panhoff das Vertrauen aus", erklärte deren Redner John Dahl. Er habe gegen äußeren Druck und innere Überzeugungen eine Entscheidung getroffen und das verdiene Respekt. "Und schlicht nicht zu ertragen sind die persönlichen Angriffe gegen ihn."
Eine ähnlich deutliche Position war dagegen vom Fraktionschef der Grünen Jonas Schemmel nicht zu hören. Vielmehr betonte er den Alleingang des Stadtrats und räumte ein, "dass wir alle mehr oder weniger ratlos waren." Auch Bürgermeisterin Monika Herrmann (B 90/Grüne) vermied in dieser Richtung ein klares Statement. Sie strich noch einmal heraus, dass sie keine Weisungsbefugnis für die Stadträte habe. Ansonsten nahm sie vor allem Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) ins Visier, der nach ihrer Meinung auch die Hauptverantwortung für den tagelangen massiven Polizeieinsatz im Quartier um die Schule trage.
Über den Abwahlantrag wird voraussichtlich bei der ersten BVV-Sitzung nach der Sommerpause am 27. August abgestimmt. Dass er durchkommt, ist nicht zu erwarten. Nötig wären dafür 37 Stimmen. Linke und Piraten verfügen insgesamt nur über zwölf Mandate. Und trotz der zurückhaltenden Solidarität mit ihrem Stadtrat ist davon auszugehen, dass neben der SPD auch die Grünen-Fraktion den Antrag ablehnt.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.