Stimmabgabe erschwert: Ärger über weiten Weg zum Wahllokal

Vor und nach ihrer Stimmabgabe erwartet Renate Krüger erst einmal ein längerer Fußmarsch. Oder sie muss mit der Straßenbahn fahren. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain. Renate Krüger hat die neue Adresse für ihre Stimmabgabe zunächst gar nicht registriert. "Erst mein Sohn hat mich darauf aufmerksam gemacht."

Dabei hat sie dann festgestellt: Um am 18. September ihrer staatsbürgerlichen Pflicht nachzukommen, muss sie eine ziemliche Entfernung zurücklegen. Ebenso wie ihre Nachbarn.

Renate Krüger wohnt in der Petersburger Straße, nahe der Kreuzung Landsberger Allee. Ihr bisheriges Wahllokal befand sich seit 1990 in der Kita an der Richard-Sorge-Straße, also ganz in der Nähe. "Da wäre ich automatisch wieder hingegangen."

Dieses Mal muss sie aber laut Benachrichtigung am Platz der Vereinten Nationen wählen. Der liegt mehr als einen Kilometer von ihrer Wohnung entfernt. Ein weiter Weg, findet die 76-Jährige und denkt dabei nicht allein an sich, sondern an viele andere Senioren. "Manche werden die Strecke wahrscheinlich kaum zu Fuß schaffen." Dann müssten sie die Straßenbahn nehmen. Zweimal Kurzstrecke im Normaltarif für jeweils 1,70 Euro macht 3,40 Euro. Für Menschen mit nicht gerade üppiger Rente sei das kein unerheblicher Betrag. "Der würde für ein Mittagessen reichen."

Warum für die Bewohner in ihrem Quartier das Wählen mit solchen Hindernissen verbunden ist, leuchtet Renate Krüger nicht ein. Die Kita sei doch ein öffentliches Gebäude. Gut zugänglich wäre sie auch gewesen. "Scheinbar arbeitet das Bezirksamt an einer niedrigen Wahlbeteiligung", hieß es süffisant in ihrer Mail an die Berliner Woche, mit der sie auf den Missstand aufmerksam machte.

Dass für Renate Krüger und andere Betroffene die Stimmabgabe dieses Mal beschwerlicher wird, streitet auch Wahlamtsleiterin Sieglinde Pölitz nicht ab. In dieser Gegend gebe es aber keine Möglichkeit für eine bessere Alternative. In der Kita in der Richard-Sorge-Straße könne nur ein Wahllokal eingerichtet werden. Dazu komme, dass das OSZ Sozialwesen in der Straßmannstraße dieses Mal nicht zur Verfügung stehe.

Bei der Einteilung müsse auch das ganze Territorium und nicht nur ein einzelner Stimmbezirk berücksichtigt werden. Der Stimmbezirk 401, zu dem Renate Krüger gehört, hat laut Wahlamt 1359 Einwohner. Welche Einrichtungen als Abstimmungsorte geeignet seien, richte sich außerdem nach bestimmten Kriterien, erklärt Sieglinde Pölitz: "Ganz oben steht dabei die Barrierefreiheit, noch vor der Entfernung." 90 Prozent der Wahllokale in Friedrichshain-Kreuzberg seien am 18. September behindertengerecht.

Nur: Wenn sich jetzt jemand im Rollstuhl oder Rollator von der Petersburger Straße zum Platz der Vereinten Nationen bewegen muss, ist es mit der Barrierefreiheit auch nicht mehr weit her. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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