Teure Pflege, günstige Sportnutzung: Friedrichshain-Kreuzberg im Kostenvergleich der Bezirke
Friedrichshain-Kreuzberg. Zum 15. Mal hat die Senatsverwaltung für Finanzen Ende vergangenen Jahres ihre Broschüre "Was kostet wo wie viel? veröffentlicht.
Das mehr als 100 Seiten dicke Werk vergleicht, wie hoch der finanzielle Aufwand für Angebote und Dienstleistungen der öffentlichen Hand in den einzelnen Kommunalverwaltungen sind. Die Angaben beziehen sich auf die Ergebnisse aus dem Jahr 2014. Dabei zeigen sich erneut große Unterschiede.
Lesen und Sport: Sehr kostengünstig sind hier die öffentlichen Bibliotheken. Für die Beratung schlägt ein Betrag von 1,86 Euro zu Buche, bei einer Ausleihe sind es 1,91 Euro. Das bedeutet Platz drei, beziehungsweise zwei im Bezirksranking. Sogar auf Rang eins landet Friedrichshain-Kreuzberg bei der Nutzung von Sportanlagen, wo für eine Stunde 25 Euro benötigt werden. Im Berliner Schnitt sind es 30,27 Euro.
Licht und Schatten: Bei den Angaben geht es nicht darum, welche Kosten für die Bürger anfallen. Die sind einheitlich festgelegt. Sondern in welchem Verhältnis eine Leistung zum Personal- oder Sachaufwand in der Verwaltung steht, wie es mit der Auslastung aussieht oder für welche Summen ein Angebot eingekauft werden muss.
Gut zeigt sich das bei den Kosten für einen Schulplatz. Die sind nämlich je nach Schulart ganz unterschiedlich. Bei den Grundschulen wird ein Betrag von 1403 Euro aufgelistet. Er liegt unter dem Berliner Mittel von 1456 Euro und bedeutet Platz drei. Bei den Gymnasien sind es 1176 Euro (Durchschnitt 1330 Euro) und die zweitbeste Position. Ganz anders sieht es bei den Sekundarschulen aus. Hier ist der Bezirk mit einem Aufwand von 2066 Euro pro Schüler Letzter. Berlinweit werden für diese Schulart nur 1651 Euro ausgegeben.
Zu erklären ist das mit der unterschiedlichen Nachfrage. Während die Grundschulen und die Gymnasien in Friedrichshain-Kreuzberg gut belegt und teilweise sogar überbelegt sind, sieht das bei einigen Sekundarschulen anders aus. Für die Kostenrechnung ist entscheidend, ob die Flächen mit der dafür vorgesehenen Zahl an Schülern frequentiert sind. Ist das nicht der Fall, steigt der Betrag und es gibt ein negatives Ergebnis.
Gründe für teures Grün: Bei der Pflege der Grünflächen rangiert der Bezirk ebenfalls am Tabellenende. Ein Quadratmeter Unterhalt kostet hier 4,28 Euro, insgesamt in Berlin aber nur 2,13 Euro und Reinickendorf als Bester in dieser Kategorie benötigt sogar nur 1,23 Euro. Eine riesige Differenz, auf die sogar die Broschüre hinweist und gleich eine Begründung liefert. Die Unterschiede würden sich insbesondere wegen "spezieller Erfordernisse in den einzelnen Grünflächen, unter anderem wegen Unterschiede in der Nutzungsintensität durch die Bevölkerung ergeben." Im Klartext: Die Anlagen in Friedrichshain-Kreuzberg sind stark nachgefragt, siehe Görlitzer Park oder Volkspark. Das macht wiederum ein häufigeres Reinigen nötig. Zudem gehören mehr als 86 Prozent der Grünflächen im Bezirk zu den sogenannten Aufwandsklassen eins und zwei, bei denen eine intensivere Pflege vorgesehen ist. Mit diesen Argumenten erklärt auch das Grünflächenamt immer wieder die hohen Kosten.
Verlustbringer reduzieren: Liegt eine Abteilung über dem Mittelwert, belasten die Mehrkosten den Bezirksetat. Deshalb nahm sich der Haushaltsausschuss schon in den vergangenen Jahren die Verlustbringer immer wieder vor und mahnte Maßnahmen zum Abbau der Defizite ein. Ein besonderes Sorgenkind waren regelmäßig die hohen Ausgaben bei der ambulanten Hilfe für Pflegebedürftige, besonders für die kostenintensiven Pflegestufen 2 und 3. 2014 mussten dort pro Patient jeden Monat 1546, beziehungsweise 3497 Euro ausgegeben werden, so viel wie nirgendwo sonst. Der Durchschnitt bei der Pflegestufe 3 beträgt 2759 Euro, Marzahn-Hellersdorf benötigt hier nur 2014 Euro und damit am wenigsten.
Mit einem neuen Controllingverfahren wollte das Sozialamt die Ausgaben in den Griff bekommen, was sich zumindest im vorvergangenen Jahr noch nicht widerspiegelte. Als eine Erklärung für den immensen finanziellen Aufwand verwiesen die Verantwortlichen auch darauf, dass es in Friedrichshain-Kreuzberg eben sehr viele Pflegebedürftige gebe, die auf öffentliche Unterstützung angewiesen seien. Ein Argument, dem die meisten Haushälter allerdings nur bedingt folgten.
Eine Spirale nach unten: In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es immer wieder Kritik an der jährlichen Kostenhitparade. Sie sorge für eine Spirale nach unten, denn je besser die Bezirke wirtschaften umso mehr falle der Mittelwert, was wiederum weniger Geld bedeute. Außerdem sei der Aufwand selbst für ein identisches Produkt oft wegen unterschiedlicher Voraussetzungen nur schwer vergleichbar.
Interessant ist das Zahlenmaterial trotzdem. Warum war das Ausstellen eines Knöllchens in Friedrichshain-Kreuzberg mit 5,38 Euro so viel teurer ist als in Mitte, wo dafür nur 3,77 Euro aufgewendet werden mussten? tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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