Zoff bei den Grünen: Realos gegen Bezirkspartei

Grüner Häuserkampf à la Friedrichshain-Kreuzberg. Der Bundespartei gefiel das nicht. | Foto: Thomas Frey
  • Grüner Häuserkampf à la Friedrichshain-Kreuzberg. Der Bundespartei gefiel das nicht.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain-Kreuzberg. Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg gelten innerhalb der Bündnispartei als besonders linke Gruppierung. Und selbst jetzt oder vielleicht besser gerade wegen des Wahlkampfes sind die Flügelkämpfe zwischen den "Parteifreunden" im Bezirk und den sogenannten Realos offen ausgebrochen. Ein Großteil davon wird über soziale Netzwerke geführt.

Ein Anlass für die Auseinandersetzungen bot ein Wahlplakat aus der Friedrichshain-Kreuzberger Kampagne. "Die Häuser denen, die drin wohnen", ist darauf zu lesen. Die Bundespartei wertete diese Aussage zumindest als zweideutig und machte klar, dass sie nicht zum Fundus ihrer Straßenwerbung gehöre. Der Slogan impliziere, dass auch Enteignungen auf dem Wohnungsmarkt möglich sind. Was die Direktkandidatin Canan Bayram gar nicht bestreitet. Allerdings nicht entschädigungslos. Gelten sollte das vor allem in Gebieten, die sonst Opfer wilder Spekulation zu werden drohen. Dass solche Gedankenspiele völlig revolutionär sein sollen, kann sie nicht erkennen. Beim Straßenbau zum Beispiel werde das doch schon so gehandhabt.

Vor allem an der Person Canan Bayram macht sich viel an den aktuellen Auseinandersetzungen fest. Das hat mit einer Menge Partei-Klein-Klein zu tun. Bayram, die 2009 von der SPD zu den Grünen wechselte, war zwei Jahre später zusammen mit anderen, etwa dem heutigen Justizsenator Dirk Behrendt, die treibende Kraft gegen eine Wiederwahl des Realos Volker Ratzmann als einer der Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus. Auch beim Wahlkampf-Spitzenduo der Grünen ist sie spätestens beim vergangenen Parteitag unangenehm aufgefallen. Da gab Bayram die Einschätzung einer Frau auf der Straße wieder, die Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir die Ausstrahlung von "CDU-Ortsvereinsvorsitzenden" attestiert hätte. Auch dass die Bundesprominenz in Friedrichshain-Kreuzberg außen vor gelassen wird und Canan Bayram und die Bezirksgrünen vor allem einen Erststimmenwahlkampf fahren, sorgte ebenfalls für Ärger. Volker Ratzmann gehört dabei schon zu den natürlichen Gegnern, aber auch andere.

Rechenspiele werden ebenfalls angestellt. Bleibt es bei der Wahl am 24. September bei dem nach den Umfragen eher mauen Ergebnis für die Grünen, können sie wahrscheinlich nur drei Abgeordnete aus Berlin in den Bundestag schicken. Gewinnt Canan Bayram den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost direkt, kämen lediglich zwei über die Landesliste ins Parlament. Nicht mehr dabei wäre dann die Ex-Ministerin Renate Künast, die den dritten Listenplatz hat. Die Attacken der Realos auf Bayram sind deshalb auch als Entlastung in dieser Richtung zu werten. Sie könnten erfolgreich sein, aber ebenso das Gegenteil bewirken.

Vorbild für Bayram ist ihr Vorgänger Hans-Christian Ströbele. Der war in den vergangenen zwei Jahrzehnten auch nicht mehr der Liebling des Parteiestablishments und wurde 2002 beim Kampf um einen Listenplatz ausgebootet. Ströbele trat dann, ebenso wie seine Nachfolgerin jetzt, im Wahlkreis ohne Listenabsicherung an und gewann wahrscheinlich gerade deshalb – damals unter anderem mit dem Motto "Ströbele wählen, heißt (Joschka) Fischer quälen". Bis 2013 sicherte er sich jeweils das Direktmandat. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 544× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 833× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 810× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.189× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.