Mediaspree versenken will Mühlenstraße umbenennen
Entlang der Mühlenstraße verlief zwischen 1961 und 1989 die "komplexe, menschenverachtende und dem Sinn nach tödliche Grenz- und Sperranlage", heißt es in einer Pressemitteilung. Sprich, die Mauer zwischen Ost- und West-Berlin, heute noch sichtbar durch das Kunstdenkmal East Side Gallery.
Erinnert wird auch daran, dass in diesem Bereich mehrere Menschen beim Versuch den Todesstreifen zu überwinden ums Leben gekommen sind. Außerdem fünf Kinder, die auf der Kreuzberger Seite ins Wasser fielen und nicht gerettet werden konnten. Denn der Fluss gehörte in voller Länge zu Friedrichshain und damit zum Ostteil der Stadt.
Diese schreckliche Vergangenheit wäre mit dem Straßennamen "Am Todesstreifen" künftig jedem viel deutlicher bewusst, als bisher. Zumindest erhofft sich das "Mediaspree versenken". "25 Jahre nach dem Mauerfall muss Schluss sein mit der Verdrängung des menschenverachtenden Charakters der Berliner Mauer", meint die Initiative. Mit der Umbenennung könne ein klares Zeichen gesetzt werden für Geschichtsbewältigung und gegen das Vergessen.
Aber auch ein ganz praktischer Grund wird für das Anliegen ins Feld geführt. Aktuell gebe es in Berlin sieben Mühlenstraßen sowie weitere 52 Orte, etwa auch Plätze, Gartenanlagen oder Seen, bei denen der Begriff Mühlen vorkommt. Mit dem neuen Namen werde deshalb auch eine Verwechslungsgefahr, etwa für auswärtige Besucher der East Side Gallery minimiert.
Und noch etwas anderes hat die Aktivisten sicher zu ihrem Vorstoß animiert, obwohl das in ihrer Mitteilung unerwähnt bleibt. An der Mühlenstraße befinden sich nicht nur die Adressen zum Beispiel der O2 World oder der Vertriebszentrale von Mercedes-Benz, sondern vor allem entsteht dort das umstrittene Hochhaus des Investors Maik Uwe Hinkel an der Rückseite der East Side Gallery.
An diesem Bauvorhaben entzündete sich vor einem Jahr eine Protestwelle. Sie bekam weltweite Aufmerksamkeit, weil damals auch Teile aus dem Mauerdenkmal gerissen wurden. Dazu wurde später bekannt, dass Hinkel zu DDR-Zeiten als Stasi-IM gearbeitet hat.
Der Hochhausbau konnte nicht verhindert werden. Täglich wächst der Riesenbau ein Stück weiter. Mit der Anschrift "Am Todesstreifen" wären aber auch die künftigen Bewohner der geplanten Luxusappartements gezwungen, sich permanent mit der Historie ihres Wohnorts auseinander zu setzen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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