Proteste erreichen vorläufigen Abriss-Stopp
Damit hat die Protestwelle einen ersten Erfolg erreicht. Sie war Ende Februar von Bürgerinitiativen, Clubbetreibern und den Künstlern der East Side Gallery gestartet worden, um den Mauerfall und das 63-Meter-Hochhaus zu verhindern. Das Vorhaben zerstöre nicht nur die Kunstmeile, sondern gebe eine der wichtigsten Erinnerungsstätten an die jüngste Geschichte für eine Luxusinvestition preis. Der Abriss eines etwa 22 breiten Stücks der Mauer sollte eigentlich am 1. März beginnen. Nachdem das erste Segment aus der Verankerung gehoben wurde, stürmten etwa 300 Personen vor den Betonwall und bildeten eine Menschenkette. Weitere Arbeiten waren nicht mehr möglich. Von einer Räumung sah die Polizei, nach Rücksprache mit dem Investor, wegen "Unverhältnismäßigkeit" ab.
Die Bilder vom verhinderten Mauerfall gingen seither um die Welt. Am 3. März kam es in der Mühlenstraße zu einer Demonstration, an der sich rund 6000 Menschen beteiligten. Redner forderten dort unisono, den Abriss zu stoppen und in weiteren Gesprächen nach einer Lösung zu suchen.
Strittig war dagegen, wer die Schuld an diesem Debakel trägt. Vor allem Senat und Bezirk schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Bauherr Hinkel verweist darauf, dass ihn der Bezirk dazu verpflichtet habe, die Mauer abzubauen. Das Loch im Betonwall war eigentlich auch als Zugang für die Brommybrücke gedacht. Sie soll als Verbindung für Fußgänger und Radfahrer wieder aufgebaut werden. Allerdings frühestens ab 2015.
Das Hochhaus sowie ein daneben vorgesehener 120 Meter langer Gebäuderiegel resultieren noch aus Plänen aus den 1990er Jahren. Für beide läuft dieses Jahr die Baugenehmigung ab. Seit Herbst 2012 ist bekannt, dass dort gebaut werden soll. Um das zu verhindern, änderte die BVV Friedrichshain-Kreuzberg kurz zuvor den Bebauungsplan zugunsten einer Grünanlage. Den Eigentümern sollte im Gegenzug eine Ersatzfläche angeboten werden. Bürgermeister Dr. Franz Schulz (B 90/Grüne) bat deshalb Berlins Finanzsenator Ulrich Nussbaum (parteilos, für SPD) um Hilfe bei der Suche nach einem Alternativgrundstück, was der aber ablehnte.
Friedrichshain-Kreuzberg sah danach seine Mittel erschöpft und gab deshalb Mitte Februar die Erlaubnis zum Hochhausbau und Mauerabriss. Woran sich dann die Proteste entzündeten.
Maik Uwe Hinkel wollte zuletzt nicht ausschließen, dass er seine Pläne an der East Side Gallery aufgibt. Allerdings müsste ihn dann der Bezirk enteignen und entschädigen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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