Sender Joiz startete sein Deutschlandprogramm
Bereits seit März 2011 ist Joiz in der Schweiz zu empfangen und trat jetzt zum Sprung ins Nachbarland an. Ihren Standort hat die Station auf dem Gelände des Postbahnhofs an der Straße der Pariser Kommune, wo inzwischen 60 Personen für das neue Fernsehen aus Friedrichshain arbeiten. Mit dem herkömmlichen, sozusagen analogen, TV wollen die Verantwortlichen aber nur noch wenig zu tun haben. "Wir machen hier ein interaktives Mitmachprogramm", erklärt Gründer und Chef Alexander Mazzara (38). Wie das funktioniert, wird bereits am Premierentag deutlich. Die Zuschauer werden ständig aufgefordert, sich via Chat oder Skype mit Fragen, Lob und auch Kritik zu beteiligen. Die Statements laufen während der Sendung in Endlosschleife über einen Monitor. Regelmäßig werden einige davon herausgefischt. Und sei es nur der schriftliche Jubelschrei eines Users: "Ich bin drin".
Klar, dass dieses Social Media-TV eine ganz bestimmte Zielgruppe im Auge hat. Nämlich die 15- bis 34-Jährigen, die sogenannten Digital-Ager. Für sie sind die Sendungen maßgeschneidert. Etwa der "Living Room", samt seiner schwer aktiven Moderatorin Alexandra Maurer (31), mit der das Programm startete. Hier geht es vor allem um Musik und alles, was damit zusammen hängt. Neuigkeiten, Videoclips, Sänger und Bands, die wirklich live auftreten und nicht nur als Playback, wie Alexander Mazzara betont.
Alexandra Maurer gehört bereits zu den Aushängeschildern von Joiz in der Schweiz und leistet beim Start in Berlin sozusagen Entwicklungshilfe. Die meisten ihrer Moderatorenkollegen sind erst seit Kurzem mit dabei. Ausgewählt wurden sie durch ein Casting. Etwa Martin Tietjen (27), der zuletzt ein Volontariat beim NDR absolvierte. Die langen Entscheidungswege und schwerfälligen Strukturen einer öffentlich-rechtlichen Anstalt seien allerdings immer weniger sein Ding gewesen, sagt er. Ganz anders bei Joiz, wo eine gute Idee manchmal aus dem Stand umgesetzt werde.
Martin Tietjen wird zusammen mit Antonia Scheurlen (21) den täglichen Talk joiZone präsentieren. Dort gehe es um alle relevanten Themen, die im Leben der Seher-User eine Rolle spielen, versichern die beiden. Natürlich die digitale Welt, ebenso aktuelle Aufreger, Liebe und Sex und auch Politik ist nicht tabu.
Ähnlich klingt das für das Nachrichtenformat, hier Noiz genannt. "Nehmen wir zum Beispiel Edward Snowdon", erklärt Anchorfrau Julia Krüger (22). Der inzwischen weltbekannte Whistleblower spiele natürlich auch bei Noiz eine Rolle. "Bei uns geht es aber eher darum, wie er sein einjähriges Asyl in Moskau verbringen könnte." Eine russische Kollegin in der Redaktion habe einige Tipps zur Hand, was er unbedingt machen und was er lieber unterlassen sollte.
Diese Mischung, angereichert durch möglichst viele Anregungen und Kommentare, verschaffe dem Sender ein Alleinstellungsmerkmal, ist Alexander Mazzara überzeugt. Zumindest bei der jungen und hippen Netzgemeinde. Damit deren Beteiligung möglichst auf hohem Niveau bleibt, werden für reges Mitmachen Punkte gutgeschrieben und Preise ausgelobt.
Der Joiz-Standort am Postbahnhof befindet sich unweit der Friedrichshainer Medienmeile, die sich, etwa durch Namen wie MTV, Universal oder der Fernsehwerft in den vergangenen Jahren im Spreeraum etabliert hat. "Dass wir hier gelandet sind, ist aber eher Zufall gewesen", sagt Alexander Mazzara. Das wichtigste Argument sei die verkehrsgünstig gute Lage vis-à-vis vom Ostbahnhof gewesen. Keine Rolle habe die Nachbarschaft zu anderen TV-Anbietern gespielt. Von denen will sich Joiz ja gerade absetzen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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