Verordnete fordern: Bezirk soll sexistische Werbung verbieten
Eine ausführliche Debatte und die Entscheidung darüber wurde zunächst vertagt. Vor allem, weil der Deutsche Werberat inzwischen ein Gesprächsangebot gemacht hat.
Was alles unter das Verbots-Verdikt fallen soll, ist nicht so einfach zu definieren. Auch wenn die Antragssteller acht Punkte aufgelistet haben, bei denen ihrer Meinung nach der Tatbestand des Sexismus oder einer Diskriminierung gegeben ist. Sie beziehen sich dabei auf Kriterien, die der österreichische Werberat im vergangenen Jahr zur Selbstkontrolle erlassen hat. Demnach sollen unter anderem Frauen und Männer nicht auf abwertende Weise dargestellt oder die Gleichheit der Geschlechter in Frage gestellt werden. Auch wenn eine Person in rein sexualisierter Form als Blickfang dient oder Ausbeutung nicht kritisch kenntlich gemacht wird, ist nach diesen Vorgaben die Grenze überschritten.
Mit Hilfe dieses Katalogs soll allerdings nicht nur Reklame, die mit Sex-Klischees spielt, zu Leibe gerückt werden. Vielmehr geht es auch darum, weitere Frauenbilder in der Werbung zu ächten. Etwa Hausfrauen oder Supermodells. Denn sie hätten zur Folge, dass das weibliche Geschlecht auf eine bestimmte Rolle festgelegt werde und viele Frauen sich dann kein Leben außerhalb dieses Rahmens vorstellen könnten, heißt es zur Begründung.
Was bedeutet das in der Praxis? "Natürlich haben wir nichts gegen Unterwäsche- und Bikiniwerbung", beteuern die Grünen. Aber was habe eine Frau auf einem Autoreifen verloren, wie in einer Werbekampagne zu sehen war.
Wenn künftig ein Streitfall vorliegt soll das Gleichstellungsbüro des Bezirksamtes zu Rate gezogen werden, heißt es im Antrag. Stadtrat Hans Panhoff (B 90/Grüne) deutete wiederum an, auch eine Kommission könnte sich eventuell darum kümmern. Wie auch immer, die Entscheidung liegt dann bei einem Kontrollgremium, dessen Mitglieder ebenfalls eine subjektive Meinung in puncto Frauenbilder, Sexualität, ihrer Darstellung und ihren Grenzen haben.
Flächendeckend lässt sich das Postulat ohnehin nicht durchsetzen. Denn auf viele Werbeflächen hat der Bezirk überhaupt keinen Zugriff. Sie gehören entweder privaten Unternehmen, oder dem Senat, beziehungsweise landeseigenen Firmen wie der BVG.
Anders verhält es sich zum Beispiel mit vier großen Reklametafeln, etwa an der Frankfurter- oder der Stralauer Allee, die in Bezirksbesitz sind und von der Firma Ströer vermarktet werden. Im Gegenzug gibt Ströer jährlich 245.000 Euro für die Finanzierung des Brunnenbetriebs. Insgesamt fließen pro Jahr rund 320.000 Euro Werbeerlöse in die Kasse von Friedrichshain-Kreuzberg. Käme es zu einer Kündigung wegen vermeintlich sexistischer oder diskriminierender Motive, würde das Einnahmeausfälle bedeuten und möglicherweise Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Denn auf die Inhalte habe der Bezirk bisher keinen Einfluss, machte Panhoff klar.
Auf ein Teil des Geldes könne leider nicht verzichtet werden, erklären selbst die Antragsteller. Sie machen damit gleichzeitig deutlich, wodurch ihr Vorstoß vor allem motiviert wurde. Nämlich durch einen Ende 2013 eingereichten erfolgreichen Einwohnerantrag, der verlangt, dass kommerzielle Werbung im Bezirk grundsätzlich verboten werden soll.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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