Verordntete absolvieren Mammutsitzung zum Werbeverbot
Die Initiative "Amt für Werbefreiheit und gutes Leben" hatte in einem Einwohnerantrag gefordert, das die Reklame gänzlich verschwindet. Ihr Feldzug fand aber selbst in Friedrichshain-Kreuzberg keine Befürworter. Bei der Abstimmung hob niemand dafür seine Hand. Einige Bezirksverordnete enthielten sich, die meisten waren dagegen.
Anders sieht es dagegen mit jenem parteiübergreifenden Antrag aus, der den Anti-Reklame-Ayatollahs zumindest partiell entgegenkommen will. Nämlich einem Verbot sogenannter sexistischer und diskriminierender Werbung. Der Tatbestand sei unter anderem gegeben, wenn Frauen oder Männer auf abwertende Weise dargestellt werden oder in sexualisierter Funktion als Blickfang dienen. Auch bestimmte Rollenklischees fallen unter dieses Verdikt. Etwa wenn das weibliche Geschlecht auf eine Rolle als Hausfrau oder Supermodell reduziert wird. Orientiert haben sich die Antragsteller dabei an Kriterien, die der österreichische Werberat aufgestellt hat.
Bei Julia Busse, Geschäftsführerin des Deutschen Werberats stießen die Vorgaben und vor allem ihre Umsetzung auf heftigen Widerstand. Sexistische und diskriminierende Motive werden von ihrer Organisation bereits jetzt bekämpft, meinte sie. "Aber auch die Werbung darf die Meinungsfreiheit für sich in Anspruch nehmen." Würden alle umstrittenen Reklamemotive einer Prüfung unterzogen, "bedeutet das eine Zensur, die in Deutschland aus gutem Grund verboten ist." Konkret lehnt sie vor allem den Feldzug gegen die Hausfrauen ab. Wenn deren Abbildung nicht mehr erlaubt werde, dann diskriminiere das Millionen Personen dieser Bevölkerungsgruppe. "Aber mit Verlaub, das geht den Staat nichts an."
Das Thema Zensur spielte auch im weiteren Verlauf der Debatte immer wieder eine Rolle. Schon deshalb, weil noch nicht klar ist, wie gegen vermeintlich inakzeptable Werbung eingeschritten werden soll und von wem? Vor allem ein vorheriges Vorlegen aller möglicherweise bedenklichen Motive wird als problematisch angesehen.
Ebenso spannend ist die Frage, wer am Ende über solche Streitfälle befinden soll. Die Antragsteller schlugen vor, diese Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirksamtes zu übertragen. Dagegen wandte sich Bürgermeisterin Monika Herrmann (B 90/Grüne). "Ich möchte nicht, dass dort entschieden wird, ob eine Werbung top oder hopp ist." Im Gespräch ist jetzt ein Gremium aus mehreren, von der BVV bestimmten Personen, ironisch bereits "Wächterrat" genannt. Ähnlich solcher Runden, die es beispielsweise für Kunst im öffentlichen Raum oder die Gedenktafelkommission gibt.
Die Gefahr der Zensur sieht auch die Bürgermeisterin. "Werbung ist Manipulation. Deshalb ist es wichtig, dass wir darüber diskutieren." Das nächste Mal wird das am 26. Februar in der BVV passieren.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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