Werkstatt zum Baugebiet an der Boxhagener Straße
Die insgesamt drei Veranstaltungen waren von einer Mehrheit in der BVV durchgesetzt worden, weil es gegen die Pläne heftigen Protest vor allem bei Anwohnern gibt. 500 neue Wohnungen, wie geplant, bedeuten eine weitere Verdichtung des ohnehin stark frequentierten Gebiets, so ein Hauptargument. "Im südlichen Friedrichshain beträgt die Bevölkerungsdichte schon jetzt 22 000 Einwohner pro Quadratkilometer", rechnete Carsten Joost, Aktivist der Bürgerinitiative Travekiez-Ostkreuz und Bürgerdeputierter der Piraten vor. "Das sind fünfeinhalb Mal mehr als der Berliner Durchschnitt, der bei 4000 Menschen liegt".Die Forderung stattdessen: Große Teile des Grundstücks sollen zu einer Grünanlage werden. Denn mit Freiflächen sei der Kiez völlig unterversorgt. "Optimal wäre, zwei Drittel der Fläche dafür vorzuhalten", meint Carsten Joost. Dann bliebe nur noch Platz für 115 Wohnungen. Alternativ gebe es auch noch die Variante ein Drittel Park und zwei Drittel Wohnungen. Was 330 Wohnungen bedeuten würde. Joost kritisierte außerdem, dass im ursprünglichen Entwurf mit 41 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche weniger Wohnraum vorgesehen gewesen sei als bei den aktuellen Plänen, die von 68 000 Quadratmetern ausgehen. Und die Gegner glauben auch nicht, dass das Problem von fehlendem bezahlbaren Wohnungen an dieser Stelle gelöst wird. Vielmehr befürchten sie, dass durch die Angebote "größtenteils im Luxussegment" die Mieten insgesamt weiter in die Höhe getrieben werden.
Dem widersprach Dr. Jürgen Leibfried, Chef des Investors Bauwert. "Unsere Mietobjekte werden zwischen acht und 13 Euro pro Quadratmeter kosten." Außerdem sollen, wie bereits berichtet, 50 Wohnungen, also zehn Prozent des Gesamtbestandes, für einen Preis von 5,50 Euro an Geringverdiener vergeben werden. Gerade hier sieht Leibfried ein großes Entgegenkommen seines Unternehmens. "Wir sind der erste freie Wohnungsträger, der sich bisher auf so eine Abmachung eingelassen hat."
Für seine Kontrahenten ist diese Ankündigung wenig mehr als ein Placebo. Sie verlangen, dass das Land Berlin das Freudenberg-Gelände zurückkaufen und neu aufteilen soll. Auch die Bauwert könne dann eine Parzelle bekommen, aber ebenso Genossenschaften, Wohnungsbaugesellschaften oder Baugemeinschaften. Die könnten allerdings ebenfalls nicht billiger als im besten Fall für acht Euro je Quadratmeter bauen, meinte der Projektmanager Thomas Bestgen. Ohnehin ist die Forderung eher Wunschdenken, denn Jürgen Leibfried machte deutlich, dass seine Firma überhaupt nicht vorhat, das Areal wieder zu verkaufen.
Bleibt die Frage, ob der Bezirk beim derzeit laufenden Bebauungsplanverfahren noch Einfluss auf die Gestaltung nehmen kann? Jein, lautete die Antwort von Bürgermeister Dr. Franz Schulz (B 90/Grüne). Bei den Werkstattgesprächen gehe es ja gerade darum, unterschiedliche Interessen auszuloten und die Wünsche der Bevölkerung in der Planung zu berücksichtigen, versuchte sich der Bürgermeister einmal mehr in der Rolle des Vermittlers. Gleichzeitig ließ er durchblicken, dass der Investor zumindest entlang der Grundstücksgrenze schon jetzt Häuser errichten könnte, sofern die sich, etwa was die Gebäudehöhe betrifft, am umliegenden Wohnensemble orientieren. "Es bringt uns deshalb auch nichts, wenn ein Kompromiss für die Bauwert nicht tragbar wäre."
Nach den Debatten um Wohnen und Grünflächen am 9. und 16. April geht es bei der letzten Runde am 25. April um das Thema Wohnfolgeeinrichtungen. Auch dafür liegen zahlreiche Forderungen der Bürgerinitiative auf dem Tisch. Sie verlangt zum Beispiel den Bau eines Stadtteilzentrums auf dem Areal. Die Bereitschaft des Investors eine Fläche für den Bau einer Kita zur Verfügung zu stellen wird als völlig unzureichend kritisiert.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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