Chancen und Grenzen des Milieuschutzes
Zu diesem Thema lud das Stadtteilbüro Friedrichshain am 2. Juni zu einer Informationsveranstaltung. Der Abend zeigte die Chancen, aber auch die Grenzen dieser Möglichkeit zum Erhalt bestehender Quartiersstrukturen auf. Er gab auch Antworten auf viele Fragen der Bürger.
Was bedeutet Milieuschutz konkret?
Erhält ein Gebiet diesen Status, müssen Umbau- und Sanierungsarbeiten angezeigt werden, wenn sie über den herkömmlichen Standard hinausreichen. Dazu gehört zum Beispiel der Einbau einer Gästetoilette, teure Fußböden oder das Anbringen eines zweiten Balkons. Schwieriger wird es, wenn ein Aufzug installiert werden soll. Der ist zwar ebenfalls nicht erwünscht, dagegen steht aber teilweise die Bauordnung. Sie sieht bei einem Gebäude mit mindestens fünf Stockwerken, das einen Dachausbau bekommen soll, einen Fahrstuhl vor.
Mit den Einschränkungen soll erreicht werden, dass ein Wohngebiet nicht in besonderer Weise aufgewertet wird und viele Bewohner zum Auszug gezwungen werden. Denn bei großzügiger Modernisierung steigen auch die Mieten oder die Appartements werden zu Eigentumswohnungen. Das soll ebenfalls erschwert werden.
Hilft die Umwandlungsverordnung?
Seit März gilt in Berlin, dass ein Hausbesitzer in einem Milieuschutzgebiet seine Wohnungen bis zu sieben Jahren nicht frei verkaufen darf. Er kann sie höchstens den bisherigen Mietern anbieten.
Allerdings gilt die Verordnung, wie auch andere Milieuschutzvorgaben nicht bei Neubauten. Auch insgesamt seien die Vorschriften nicht auf den einzelnen Mieter ausgerichtet, machte Siegmar Gude von der Stadtentwicklungsgesellschaft Topos deutlich. Im Vordergrund stehe vielmehr der Gesamtbestand eines Kiezes.
Wann erhält ein Gebiet den Milieuschutzstatus?
Dafür gibt es vor allem zwei Kriterien. Entweder, wenn die Gefahr besteht, dass die städtebauliche Eigenart eines Quartiers verändert werden soll. Und/oder, wenn sich die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung verändert. Beides wird zum Beispiel im Quartier rund um die Weberwiese befürchtet. Hier wohnen zum einen viele Senioren und Menschen mit eher geringerem Einkommen. Sie würden wahrscheinlich die ersten Opfer einer massiven Aufwertung oder sind es bereits geworden.
Auch massive Eingriffe in das Ensemble sollen verhindert werden. Denn städtebaulich werden viele Gebäude in Zusammenhang mit dem Denkmalbestand an der Karl-Marx-Allee gesehen.
Ob sich diese Annahmen als richtig erweisen, wird derzeit durch ein Gutachten ermittelt. Kommt es ebenfalls zu dieser Ansicht, wird bis zum Jahresende mit dem Ausweisen eines Milieuschutzgebiets gerechnet.
Wo könnte dieses Vorgehen sonst noch helfen?
Auf dem Podium saßen auch Mitglieder der Initiative Kotti & Co. Sie weisen seit Jahren auf die schwierige Situation der Mieter im südlichen Bereich des Kottbusser Tors hin. Dort existiert, anders als jenseits des U-Bahnhofs kein Milieuschutzgebiet. Ob diese Gegend ebenfalls diesen Status erhalten soll, werde noch einmal geprüft, sagte Baustadtrat Hans Panhof (Bündnis90/Grüne). Er bezweifelte allerdings, dass dieses Instrument hier durchsetzbar ist. Die Wohnungen stammen meist aus den 80er Jahren, weshalb sich hier weniger die Frage einer umfassenden Modernisierung, als vielmehr einer Instandhaltung stelle. Die sei aber ohnehin Aufgabe des Vermieters.
Auch in den ehemaligen Friedrichshainer Sanierungsgebieten Samariterkiez, Traveplatz/Ostkreuz und Warschauer Straße sieht Werner Ohelert von der Mieterberatung ASUM eher geringen Handlungsbedarf. Nahezu alle Wohnungen seien in den vergangenen Jahren auch durch öffentliche Förderung auf den neuesten Stand gebracht worden. Kaum ein Vermieter denke deshalb daran, schon wieder Umbauarbeiten vorzunehmen.
Lediglich die Umwandlungsverordung könnte auch in diesen Gebieten zu einer gewissen Entspannung beitragen. Denn inzwischen liegt der Anteil der Eigentumswohnungen in diesen Quartieren zwischen 20 und 25 Prozent. Oehlert plädiert allerdings eher dafür, das schon bisher bestehende Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz in Richtung Osten auszuweiten. Dort sei ein stärkerer Verdrängungsprozess zu beobachten.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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