"Panorama Ost" ist nicht das Hauptproblem
Information zu neuer Wohnungslosenherberge

Das fast fertige Gebäude an der Ecke Rüdersdorfer- und Marchlewskistraße. | Foto: Thomas Frey
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An der Rüdersdorfer Straße 64 wird im August eine Unterkunft für Menschen ohne festen Wohnsitz eingeweiht. Betreiber ist der Sozialträger milaa gGmbH.

Dessen Verantwortliche bemühen sich vor der Eröffnung um Offenheit und Transparenz. Im Juni luden sie zu einer Informationsveranstaltung in den Mehrzweckraum des Dathe-Gymnasiums. Fragen und auch mögliche Bedenken sollten offen angesprochen werden. Mit dabei war auch Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler (Linke).

Das Interesse war allerdings mit etwa 20 Besuchern, vorwiegend Anwohner, einigermaßen überschaubar. Und sehr schnell wurde deutlich: Das besondere Wohnhaus mit dem wohklingenden Namen "Panorama Ost" bedeutet für die meisten nicht das größte Problem. Eher, in welchem Umfeld es angesiedelt wird. Was wiederum auch Auswirkungen auf die Einrichtung haben könnte.

Zunächst die Fakten: In dem Gebäude wird es 97 Plätze geben, aufgeteilt in 52 Einzel-, 15 Doppel- und fünf Dreibettzimmer. Nutzer werden Menschen sein, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Wohnung verloren haben – weil sie mit ihrer Miete im Rückstand geblieben sind, ihre Familie auseinander gebrochen ist, persönliche Probleme bestehen oder eine Suchtabhängigkeit wie Alkoholismus vorliegt. Hilfsangebote beziehungsweise Vermittlung in diesen unterschiedlichen Lebenssituationen gehören ebenfalls zum Konzept von "Panorama Ost".

Keine "klassische" Obdachlosenherberge

Vermittelt werden die Bewohner über die Sozialämter, die Kosten ihrer Unterkunft werden nach dem Allgemeine Sozial- und Ordnungsgesetz (Asog) übernommen. Der Aufenthalt soll in der Regel zeitlich befristet sein und zwischen einem halben und einem Jahr liegen. Immer mit dem Ziel, im Anschluss wieder ein einigermaßen selbständiges Leben bewerkstelligen zu können.

Die detaillierte Beschreibung sollte deutlich machen, dass es sich bei der Einrichtung nicht um eine "klassische" Obdachlosenherberge, etwa eine Notübernachtung, handelt. Wie insgesamt "obdachlos" und "wohnungslos" zwei unterschiedliche Definitionen für Menschen sind, denen vor allem gemeinsam ist, dass sie keine feste Bleibe haben.

Gerade auf diesen Komplex bezogen sich die meisten Stellungnahmen aus dem Publikum. Denn das, was gemeinhin unter Obdachlosigkeit beschrieben wird, ist in dieser Gegend ein großes Thema. Ob an der Warschauer Brücke oder am Ostbahnhof, in Grünanlagen, wie lange entlang der Helsingforser Straße, vor Supermärkten oder an weiteren Orten, an vielen Stellen existierten wilde Camps mit Bewohnern, die selten dem Bild des "freundlichen Penners" entsprächen, wie ein Mann formulierte. Neben Aggressivität wurden vor allem Hinterlassenschaften in Form von Kot und Urin beklagt und nicht nur das führe zu starkem Rattenaufkommen. Weiteres Beiwerk wären Flaschen oder Drogenutensilien, die sich sogar auf Spielplätzen finden ließen.

Dass dieser Personenkreis nicht dafür vorgesehen ist, in das "Panorama Ost" einzuziehen, wurde zwar schnell deutlich. Für ihn werden andere Angebote überlegt, erklärte Knut Mildner-Spindler, etwa eine Unterbringung in sogenannten Tiny Houses (wir berichteten). Dafür müsse aber zunächst eine geeignete Fläche gefunden werden.

Falsches Umfeld für die neuen Bewohner?

Aber in dieses Umfeld würden jetzt knapp 100 Menschen mit auch nicht gerade einfacher Biografie hinzukommen, wurde entgegen gehalten. "Warum hier und nicht auf der Stralauer Halbinsel oder im Samariterkiez?", kam ebenfalls als Frage. Und wie sollen zum Beispiel Alkoholkranke von ihrer Sucht wegkommen, wenn es um das Haus herum genügend Möglichkeiten gebe, sich mit entsprechenden Getränken einzudecken?

Die milaa-Verantwortlichen verwiesen auf ihre Hausordnung, entsprechende Betreuung und Kontrollen. Einfach so käme niemand ins Gebäude. Benehme sich jemand nicht regelkonform, könne es auch passieren, dass er die Unterkunft verlassen müsse. Aber natürlich seien trotzdem Schwierigkeiten nicht auszuschließen. Sollten Auffälligkeiten registriert werden, ist der Träger für jeden Hinweis dankbar. Die Einrichtung sei jeden Tag, 24 Stunden erreichbar – auch das als Angebot und vertrauensbildende Maßnahme. Wie auch die Idee eine Art Tag der offenen Tür zu veranstalten, den es in den Wochen nach der für Anfang August geplanten Einweihung geben soll.

Dass "Panorama Ost" an dieser Stelle gebaut wird, war reiner aber glücklicher Zufall, wie der Sozialstadtrat erzählte. Das Grundstück an der Rüdersdorfer Straße habe ein Mann geerbt, der anscheinend kein Interesse hatte, den optimalen Profit herauszuschlagen. Damit wurde es auch bezahlbar für einen Träger wie milaa beziehungsweise dessen Dachverband, den evangelischen Diakonieverein. Einschließlich Neubau werden 5,3 Millionen Euro investiert.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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