Marlies Carbonaro unterstützt pflegende Angehörige
Was vermitteln Sie den Teilnehmern Ihrer Veranstaltungen?
Marlies Carbonaro: Ein ganz wichtiges Thema sind die eigenen Bedürfnisse. Pflegende Angehörige sind häufig nur noch auf ihre Aufgabe fixiert und kommen deshalb schnell an ihre Grenzen. Wichtig ist aber, dass sie auch an sich denken und ab und zu eine Auszeit nehmen. Nur so können sie auch anderen helfen und die oft viele Jahre dauernde Arbeit leisten.
Wie können solche Auszeiten konkret aussehen?
Marlies Carbonaro:Zunächst sollten Angehörige so gut es geht ihren eigenen Interessen weiter nachgehen. Wer zum Beispiel bisher regelmäßig Sport gemacht oder im Chor gesungen hat, sollte das auch weiter tun. Oft kann der Pflegebedürftige während dieser Frist auch noch alleine bleiben. Geht das nicht mehr kann man auf die Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer zurückgreifen. Auch in Friedrichshain-Kreuzberg wird dieser Service an verschiedenen Stellen angeboten. Mit den Ehrenamtlichen können die Familienmitglieder auch einen regelmäßigen Besuch, zum Beispiel ein Mal in der Woche, vereinbaren. An diesen Tagen haben sie dann Luft für eigene Besorgungen oder für sich selbst. Möglich ist außerdem ein zeitweiser Aufenthalt in einem Pflegeheim. Etwa wenn die Angehörigen in den Urlaub fahren wollen.
Wie sehr werden solche Angebote genutzt?
Marlies Carbonaro:Mein Eindruck ist, dass viele Betroffene darüber noch zu wenig wissen. Oft liegt es daran, dass sie kaum Zeit finden, sich zu informieren. Manche wollen sich auch nicht unbedingt in den wenigen Momenten, die ihnen noch bleiben, auch noch mit diesem Thema beschäftigen. Und natürlich spielen auch die Pflegebedürftigen selbst hier eine Rolle.
Inwiefern beinflussen Veränderungen die Pflegebedürftigen?
Marlies Carbonaro:Menschen, die etwa an einer zunehmenden Demenz leiden, legen Wert auf geregelte Strukturen und bekanntes um sie herum. Jede Veränderung irritiert sie. Sie muss ihnen auch behutsam nahe gebracht werden. Angehörige haben schon deshalb oft ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich nicht rund um die Uhr kümmern.
Kann es sein, dass sich diese Menschen auf diese Weise von ihrem Umfeld isolieren?
Marlies Carbonaro:Genau. Dazu kommt noch, dass ihre Situation oft nicht verstanden wird. Gerade das Thema Pflege schieben die meisten von uns gerne von sich weg. Wir wollen damit, so lange es geht, nicht konfrontiert werden. Dabei werden wir alle direkt oder indirekt davon irgendwann einmal berührt. Und das häufig auch nicht erst im Alter.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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