Ort der Demütigung: Tafel erinnert an das ehemalige Durchgangsheim Alt-Stralau
Friedrichshain. Die heutige Thalia-Grundschule war während der Zeit der DDR ein Durchgangsheim für in den Augen des SED-Staates "auffällige Jugendliche". An diese Epoche erinnert jetzt eine Gedenk- und Informationstafel, die am 27. April an dem Schulgebäude auf der Stralauer Halbinsel eingeweiht wurde.
Denn das Heim ist nur ein Beispiel für die repressiven Zustände, die es in solchen Einrichtungen bis zum Ende der DDR gegeben hat. Prügel, militärischer Drill, Essensentzug gehörten dort zum Alltag. Auflehnung wurde mit Arrest in Isolationszellen bestraft. In diese Mühlen konnten Kinder und Jugendliche geraten, wenn sie nicht dem Bild des "sozialistischen Menschen" entsprachen. Und wer sie durchlebt hat, leidet bis heute darunter, wie am Beispiel mancher Betroffener bei der Eröffnung der Gedenktafel deutlich wurde.
Schicksal nicht vergessen
Gerade für sie bedeutet die jetzt sichtbare Erinnerung ein Zeichen, dass ihr Schicksal nicht vergessen wird. Bis es dazu kam, musste allerdings ein eher steiniger Weg zurückgelegt werden. Denn auch die Tafel und vor allem ihr Text gerieten in die Mühlen einer auch politischen Auseinandersetzung. Bei der fehlte es auch nicht an Vergleichen mit der Situation in der Bundesrepublik, wo es vor allem in den ersten beiden Jahrzehnten ein ähnliches Zwangssystem in vielen Jugendheimen gegeben hat.
Was richtig ist und gleichzeitig die Unterschiede markiert. Denn der Verweis auf Missstände und eine gesellschaftliche Debatte sorgten in Westdeutschland für Veränderungen. Auch wenn erst seit einigen Jahren alles aufgearbeitet wird. In der DDR war das nicht der Fall.
Und es ging beim Stralauer Durchgangsheim um das konkrete Beispiel von staatlicher Willkür im Bereich der Jugendhilfe. Darauf machten nicht zuletzt Doris Nithammer und das Bürgerforum Stralau, der Historiker Detlef Krenz und ehemalige Heimbewohner aufmerksam. Gerade ihre Argumente setzten die Tafel durch. Gefördert wurde das Projekt mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen.
Solche öffentliche Erinnerungszeichen sollen Anstoß sein, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das gilt erst recht, wenn sie sich an einer Schule befinden. Und der Verweis, was gerade an diesem Ort vor nicht allzu langer Zeit passiert ist, prägt sich mehr ein als abstrakte Darstellungen. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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