Unter Druck: Kommt es zum Pinkelnotstand in Friedrichshain-Kreuzberg?

Ist ihr Bestand gesichert? Am Görlitzer Park befindet sich diese CityToilette. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg. Das Horrorszenario sieht so aus: Wer im öffentlichen Raum muss, kann nicht, denn es fehlen die Toiletten.

So kann, muss es aber nicht kommen. Fakt ist allerdings: Das Land Berlin will den Ende 2018 auslaufenden WC-Vertrag mit der Firma Wall nicht mehr verlängern.

Wall betreibt mehr als 200 Toiletten in der Stadt und kann im Gegenzug dafür Werbeflächen vermarkten. Dieses Koppelgeschäft soll in Zukunft ausgeschlossen werden. Unter diesen Voraussetzung will Wall aber nicht mehr für die öffentlichen Bedürfnisanstalten verantwortlich sein. Befürchtet wird deshalb ein reduziertes Angebot und damit ein Pinkelnotstand.

Deshalb verspüren auch manche Bezirksverordnete Druck bei diesem Thema. Zum Beispiel der CDU-Fraktionsvorsitzende Timur Husein. Er hat zusammen mit seiner Parteikollegin Ilona Barrie einen Antrag in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingebracht, der das Bezirksamt auffordert, das Seine dazu beizutragen, damit auch in Zukunft die WC-Nahversorgung sichergestellt ist. Möglicherweise, so in der Begründung, auch durch ein neues Arrangement mit Wall. Denn das Modell habe sich nach Ansicht von Husein bewährt.

Im Wirtschaftsausschuss, der sich näher mit dem Ansinnen beschäftigte, zeigten sich dann unterschiedliche Einschätzungen zur Pinkel-Problematik. Die Grünen warnten vor Alarmismus. Es sei eine der wenigen guten Leistungen der rot-schwarzen Landesregierung gewesen, diesen Vertrag nicht zu verlängern, fand ihr Fraktionsvorsitzender Julian Schwarze. Denn die Wall-Regentschaft über die Restrooms hätte einige Nebenwirkungen nach sich gezogen, meint Schwarze. Das betreffe nicht nur die Vermarktung von Reklameflächen. Fast noch schwerer wiege, dass es anderen Anbieter bisher verboten ist, in diesem Bereich tätig zu werden. So hätte Friedrichshain-Kreuzberg gerne an der Warschauer Brücke wegen der dortigen Besucherströme ein WC installiert. Was aber nicht möglich war, weil es bereits eines von Wall an der Mühlenstraße gab. Das Ergebnis seien regelmäßige Wildpinkler. Für die Grünen kann eine neue Vereinbarung deshalb eigentlich nur besser ausfallen.

Die anderen BVV-Fraktionen stellten sich dagegen hinter den Vorstoß der Christdemokraten. Allerdings ohne die auch auf Wall bezogene Begründung. Der Text verlangt nur grundsätzlich, dass die barrierefreien öffentlichen Toiletten in Friedrichshain-Kreuzberg erhalten bleiben.

Rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass es möglicherweise Probleme mit dem Abort-Angebot geben könnte, sei ein legitimes Anliegen, erklärte bereits im Ausschuss der Linke-Bezirksverordnete Lothar Jösting-Schüßler. Denn käme es dazu, wäre das der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln. Zwar habe der Bezirk nur mittelbar Einfluss darauf, wie der öffentliche WC-Betrieb künftig ablaufen soll und mit wem, aber natürlich könnten eigene Forderungen und Bedenken über die jeweiligen Parteikanäle in Richtung Landesebene transportiert werden.

Wie berichtet, sprechen sich in Berlin unter anderem Senioren- und Behindertenvertreter für das bisherigen Systems aus, ebenso wie 98 Prozent der Berliner Woche-Leser, die sich bei einem Online- und Telefonvoting zu dieser Frage beteiligt haben. Außerdem hat der CDU-Abgeordnete Stephan Schmidt zu dem Thema eine Petition im Netz gestartet. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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