Mein Freund der Baum
Vergeblicher Kampf um eine Pappel an der Weberwiese

Am 28. Februar wurde der Baum entfernt.  | Foto: Thomas Frey
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Am Morgen des 28. Februar rückte das Abholzkommando an. Am vorletzten Tag der Fällperiode. Abgesehen hatten es die Baumentferner auf eine Pappel vor dem Haus Marchlewskistraße 25, direkt an der Weberwiese.

Der Einsatz beendete alle Bemühungen von Nachbarn um den Erhalt des Gewächs. Die Baumfreunde sind wenig überzeugt von den Gründen, die laut Bezirksamt einen Kahlschlag der Pappel rechtfertigen und verweisen in diesem Zusammenhang auch auf unterschiedliche Angaben.

Zunächst wurden Schäden herausgestellt, die die Wurzeln des Baums am Mauerwerk verursachen. Das geschah anscheinend vor allem auf Veranlassung des Landesdenkmalamtes. In diese Richtung deutet auch eine schriftliche Aussage des bezirklichen Umwelt- und Naturschutzamtsleiters an eine Anwohnerin, die der Berliner Woche vorliegt. In dieser Konstellation gebe es keine Eingriffsmöglichkeit seiner Behörde, teilte der mit. Vielmehr liege das jetzt in der Abstimmung zwischen dem Denkmalschutz sowie dem Straßen- und Grünflächenamt.

Die Gegner hegten gleichzeitig den Verdacht, das Denkmalamt habe nicht nur mögliche Mauerschäden im Visier, vielmehr würden sie die Pappel als störend für das Gesamtensemble empfinden. Als Beweis dafür gilt der Aufsatz eines stellvertretenden Abteilungsleiters, der im Netz gefunden wurde. Dort heißt es: "Leider war es bis heute nicht möglich, zwei das Hochhaus (an der Weberwiese, Anm. d. Red.)) verdeckende und damit den gewünschten Spiegeleffekt im Teich (der Weberwiese, Anm. d. Red.) verhindernde Pappeln zu fällen. Dagegen stehen einseitige, nicht denkmalgerechte Baumschutzvorstellungen im Bezirk."

Sicherheitsbedenken nur vorgeschoben?

Aussagen, die die Protestgemeinde als "einseitiges Schönheitsempfinden des Landesdenkmalamtes" wertete, dem der Baum geopfert werden soll. Vielleicht, so wird kolportiert, spiele dabei das Bemühen eine Rolle, die Bauten der ehemaligen Stalinallee, heute Karl-Marx-Allee, zu denen auch das Hochhaus an der Weberwiese gehört, zum Weltkulturerbe erklären zu lassen. Was in ihren Augen aber trotzdem kein Abholzen rechtfertigt.

Eher natürlich Sicherheitsbedenken. Die wurden dann ebenfalls ins Feld geführt. Die um die Pappel kämpfende Nachbarschaft hielt auch das eher für vorgeschoben. Vor allem deshalb, weil darauf erst im weiteren Verlauf der Fälldebatte hingewiesen worden sei.

Bei einer Begehung am 31. Januar wäre erneut der Abwurf von Ästen festgestellt worden, hieß es in einer von Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) freigegebenen Antwort. Der Baum sei schon mehrere Jahre krank. Es wäre lange versucht worden, ihn zu halten. Trotzdem zeigte die Krone "weiterhin ein degeneratives Verhalten und ließ sich nicht revitalisieren." Von einem unkontrollierten Abwurf gehe deshalb "eine Gefahr für Leib und Leben der Grünanlagenbenutzer aus".

Was die Gegenseite für zumindest nicht gesichert ansieht. Die Äste könnten auch von spielenden Kindern oder Hunden unter dem Baum abgelegt worden sein. Aber die angeblichen Schäden wären jetzt genau richtig gekommen – als Alibi für den Kahlschlag. Das Grünflächenamt habe sich dem Denkmalschutz gebeugt.

Kampf zwischen Behörden um fünf Bäume

Dass zwischen beiden Behörden zuvor eine Art Kampf um mehrere Bäume stattgefunden hat, wird aus der Nachricht der Bürgermeisterin ebenfalls ersichtlich. "Gemäß Denkmalschutz hätten in der Weberwiese fünf Bäume gefällt werden müssen", wird dort erklärt. Das Straßen- und Grünflächenamt habe sich für den Erhalt von vier eingesetzt, obwohl auch sie ansatzweisen für Schäden am Mauerwerk verantwortlich seien. Deshalb handle es sich hierbei keinesfalls um "tabula rasa", sondern "um einen sorgfältigen Abwägungsprozess". Gegen den alle Bemühungen der Pappelretter nicht mehr ankamen.

"Außer Frage steht, dass sich künftig die Kommunikation deutlich verbessern muss", räumte auch Monika Herrmann ein. Das Bezirksamt plane deshalb zeitnah einen zunächst internen Baumgipfel und werde dann sicherlich gemeinsam mit allen Interessierten nachhaltige Handlungskonzpte entwickeln.

Eine Anwohnerin wertete diese Aussagen als "Politik-PR". Die Nachbarschaft an der Weberwiese werde sich zwar solchen Gesprächen nicht verschließen, aber derzeit dominierten "Wut, Trauer, Frust, Ohnmacht". Das Gros der dortigen Baumretter schätzte diese Frau auf mehrere Dutzend. Deren Engagement sei auch noch nicht zu Ende. Das Augenmerk richte sich jetzt auf die bisher verbliebenen Pappeln. Mit Beginn der nächsten Fällperiode hätten die vielleicht ein ähnliches Schicksal zu befürchten.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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