Friedhofsverband setzt Pilotprojekt um
Zisterne macht Friedhof klimafit
Auf dem Friedhof an der Landsberger Allee wässert jetzt Regenwasser das Grün. Möglich macht das eine wettergesteuerte Zisterne, die für Berlin einmalig ist. Der Evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte setzte das Klimaschutz-Pilotprojekt mit Partnern um.
Wer einen Garten hat, kennt das: Mit gespeichertem Regenwasser lässt sich kostbares Trinkwasser sparen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Dass das auch auf hektargroßen Friedhöfen funktionieren kann, macht der Evangelische Friedhofsverband Stadtmitte vor. Auf dem Georgen-Parochial II-Friedhof an der Landsberger Allee sammelt eine 200 Kubikmeter große Zisterne den Regen vom Dach eines benachbarten Neubaus, von Hof- und Parkplatzflächen, um die Friedhofsvegetation grün zu halten. Statt mit Trinkwasser werden Rasen, Bäume und Sträucher über das unterirdische Leitungsnetz des Friedhofes jetzt also mit Regenwasser bewässert.
Zisterne arbeitet wettgesteuert
Unterm Strich reduziert der 20 Hektar große Totenacker damit seinen Trinkwasserverbrauch um 70 Prozent. Und nicht nur das. Das wertvolle Nass fließt nicht mehr ungenutzt in die Kanalisation. Damit das mit dem Regenwasser auch zuverlässig klappt, „arbeitet“ die Zisterne wettergesteuert. Wie das geht, erklärt Ingenieur Sven Hänichen: „Wir ziehen die Daten von fünf Wetterdiensten ab. Wird starker Regen angekündigt, entleert sich die Zisterne automatisch und schafft Platz für neues Regenwasser.“ Das abgepumpte Wasser wird in ein sogenanntes Überlaufbiotop oder auch „Wechselfeuchtgebiet“ auf dem artenreichen Friedhof geleitet. In Berlin sei diese innovative Zisternen-Technik bisher einzigartig, sagt Hänichen.
Regenwasser vom Nachbardach
Für seinen Piloten, der den Friedhof klimafit machen soll, hat sich der Evangelische Friedhofsverband Stadtmitte mehrere Projektpartner ins Boot geholt: das Bezirksamt, das die Fördermittel organisierte, und die Ingenieure von Oikotec, vor allem aber die Centrum TÜ Landsberger Allee GmbH. Vom 3500 Quadratmeter großen begrünten Dach des Verwaltungsgebäudes, das die Centrum nebst Kita gerade in direkter Nachbarschaft zum Friedhof baut, kommt nämlich das Regenwasser. Um es für den Friedhof als fremdes Grundstück nutzen zu können, schloss der Friedhofsverband mit der Centrum eine nachbarschaftliche Vereinbarung. „Wir hatten großes Interesse daran, uns an dem Projekt zu beteiligen“, sagt Horst Albers, der im Auftrag der Centrum die technische Projektleitung übernommen hat. Bei Neubauten sei eine nachhaltige Regenentwässerung zudem vorgeschrieben.
Fördergeld vom Senat
Der Evangelische Friedhofsverband Stadtmitte wiederum engagiert sich auf seinen fünf Friedhofsstandorten in Friedrichshain und Kreuzberg mit insgesamt 14 Friedhöfen schon länger für den Klimaschutz. Mit energetischer Gebäudesanierung zum Beispiel, dem Pflanzen robuster Baumarten wie der Winterlinde oder mit Urban Gardening. Im vergangenen Jahr startete der Verband ein Monitoring. „Wir haben auf allen Friedhöfen den Zustand der Bäume untersucht und überlegt, wo sinnvolles Regenwassermanagement zum Bewässern möglich ist“, informiert Tillmann Wagner, Geschäftsführer des Friedhofsverbandes. So kam der Georgen-Parochial II-Friedhof ins Spiel. Über das senatsgeförderte Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) flossen dann rund 500 000 Euro Fördermittel für Pilotmaßnahmen zur Klimaanpassung auf den 14 Friedhöfen. Davon finanzierte der Friedhofsverband auch die Zisterne. Die Centrum legte noch Geld obendrauf.
In Friedrichshain-Kreuzberg machen die Friedhöfe mit ihren 67 Hektar rund 15 Prozent aller Grünflächen aus. Friedhöfe erfüllen für Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) daher eine wichtige Funktion. „Sie sind Orte der Trauer, der Stille, aber auch grüne Oasen und kühlende Orte für die Kieze.“ Um sie zu schützen, brauche es entsprechende Maßnahmen. „Es wird nicht mehr regnen als bisher, und es wird heißer werden.“ Der Bezirk brauche deshalb innovative Lösungen, um Wasser zu schonen und zu speichern, ergänzt Umweltstadträtin Annika Gerold (Grüne). „Wir haben extrem viele geschädigte Bäume im Bezirk.“
Blaupause für Parks und Grünflächen
Die Zisterne auf dem Friedhof könnte da als Blaupause für öffentliche Parks und Grünflächen dienen. Für den Rudolfplatz zum Beispiel, für den das Bezirksamt Fördermittel beantragt hat, um Regenwasser aufzufangen und zu speichern. „Für den Lausitzer Platz haben wir einen freiraumplanerischen Wettbewerb ausgeschrieben“, informiert die Bürgermeisterin. Fördermittel sollen auch in den Wrangelkiez (Falckensteinstraße) und den Bergmannkiez fließen. Für mehr Klimaschutzmaßnahmen hatte das Abgeordnetenhaus zusätzlich zehn Millionen Euro für 2022 beschlossen. Für 2023 wurden 20 Millionen Euro draufgepackt.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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