Zwischen Baum & Borke

- oder exakter: zwischen Skylla & Charybdis, eine Redewendung, die eine ungute Situation zwischen zwei Übeln zum Ausdruck bringt. Wo fährt man als Fahrradfahrer auf einer vielbefahrenen Hauptstraße ohne Fahrradweg am sichersten?

 Nahe den parkenden Autos am Straßenrand so weit rechts wie möglich also? Oder in einem Sicherheitsabstand von mindestens 1,50 Meter von ihnen nahezu mittig auf der Fahrbahn? Bei letzterem hat man stets das unbehagliche Gefühl, ein Verkehrshindernis für den fließenden Autoverkehr hinter einem zu sein, da man die rechte Fahrbahn in Anspruch nimmt und ein überholendes Auto auf die linke zwingt. Bei ersterem Fahrverhalten, also  möglichst weit rechts an die parkenden Autos heran, besteht die große Gefahr einer sich plötzlich öffnenden Autotür und damit eines Auffahrens/Zusammenpralls. Dies passiert, verschuldet durch nicht auszumerzende Unaufmerksamkeit und fehlendes Gefahrenbewusstsein seitens des Autofahrers, immer wieder. Die Folgen können katastrophal sein, zuletzt öffentlich geworden durch den Todesfall eines 55-jährigen Mannes in Neukölln in diesem Frühjahr, verursacht durch einen saudi-arabischen Botschaftsmitarbeiter. Die mediale Aufmerksamkeit ist dann immer groß, die Handlungsfolgen gleich null, die eminente Gefahr besteht weiter. Der Rat des ADFC an alle Fahrradfahrer lautet daher, auf der rechten Fahrbahn in sicherem Abstand zu den parkenden oder haltenden Autos zu fahren, auch wenn einem das, wie bereits gesagt, ein ständig unangenehmes Gefühl beschert. (Erproben Sie das mal in der Rushhour auf der Kreuzberger Gitschiner Straße!)
Dass das ziemlich weit rechts Fahren noch eine weitere große Gefahr birgt, weiß jeder Fahrradfahrer. Da man damit die rechte Spur für Autos (fast vollkommen) freigibt, nutzen diese das natürlich und fahren oft so knapp am Fahrradfahrer vorbei, dass manchmal nur 20, 25 Zentimeter Seitenabstand zwischen beiden bleiben. Das erfordert seitens des Fahrradfahrers allzeit hohe Konzentration und starke Nerven. Dass sogar dies nicht immer ausreicht, um nicht in einen nichtverschuldeten Unfall hineinzugeraten, erlebte ich vor zwei Wochen. Auf eben jener schon erwähnten Gitschiner Straße fuhr ich (wie ich es meistens tue) ganz rechts, nahe den parkenden Autos. Ein von hinten kommendes überholte mich mit einem sehr knappen Seitenabstand. Das Auto war schon an mir vorbei, als ich plötzlich an der linken Pedale eine Berührung spürte, die einen kleinen Schlenker auslöste, ich kurz ins Trudeln geriet, mich und Fahrrad aber gleich wieder stabilisieren konnte. Das Auto fuhr mit Anhänger und - alle Autofahrer müssten das wissen - der Radstand des Anhängers reicht in etwa 20 cm über den des Autos auf beiden Seiten seitlich hinaus. Wo vorn (Auto) also gerade noch Platz war (Seitenabstand), touchierte mich das rechte Rad des Anhängers. Natürlich kann und will ich dem Fahrer keine Absicht unterstellen, aber es ist einer dieser vielen typischen Fälle, wo Bedenkenlosigkeit und Vergessenheit (oft auch Rücksichtslosigkeit!) in Fahrlässigkeit mündet. Fahrlässigkeit ist eine Kategorie des Strafrechts, in unserem Falle fahrlässige Körperverletzung (§229 StGB), die mit einer Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann. Es hätte, wie so oft, schlimm ausgehen können, aber mein Schutzengel hielt auch diesmal wieder Obacht über mich…Nun, nicht jeder hat so einen zuverlässigen Schutzengel - in Berlin wurden im Jahre 2016 17 Fahrradfahrer tödlich verletzt. Der ADFC hat sich für die Zukunft eine NULL zum Ziel gesetzt. Ohne grundsätzliche infrastrukturelle Umgestaltung des öffentlichen Verkehrsraumes aber wird dieses Ziel niemals erreicht werden.

Autor:

Thomas Kunze aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 713× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.005× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 974× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.325× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.