Gewinner und Verlierer: Allgemeinverfügung für die Simon-Dach-Straße in der Diskussion
Es war nicht anders zu erwarten. Kaum hatte der Bezirk verkündet, zum 2. Mai eine sogenannte Allgemeinverfügung für die Simon-Dach-Straße auszusprechen, begann die Debatte darüber.
Sie kreist vor allem um zwei Fragen: Zum einen, ob dieses Vorgehen fair ist und zum anderen, ob es wirklich etwas bringt.
Mangelnde Fairness beklagen vor allem betroffene Gastwirte. Wer sein Lokal an der Simon-Dach-Straße hat, muss seinen Außenausschank unter der Woche um 23 Uhr beenden. Am Wochenende möglicherweise um 24 Uhr. Für Kneipen und Restaurants nur einige Meter entfernt gilt das nicht.
Das kritisiert auch Karola Vogel, allerdings aus entgegengesetzter Warte. Sie ist Sprecherin der Anwohnerinitiative "Die Anrainer", die schon lange gegen den nächtlichen Lärm zu Felde zieht. Ihr geht das geplante Vorgehen nicht weit genug. "Ich als Anwohnerin in der Simon-Dach-Straße habe jetzt vielleicht mehr Ruhe. Nicht aber die Betroffenen in den anderen Straßen."
Die Allgemeinverfügung war im vergangenen Sommer durch zwei Anträge der Linkspartei und der CDU gefordert worden. Beide hatten sich dabei auf den gesamten Simon-Dach-Kiez bezogen. Warum davon nur die Simon-Dach-Straße übrig geblieben ist, erklärt Wirtschafts- und Ordnungsstadtrat Andy Hehmke (SPD) mit der Personalsituation im Ordnungsamt. Einen größeren Bereich lasse der aktuelle Mitarbeiterbestand nicht zu. Es bringe deshalb nichts, zwar ein größeres Gebiet auszuweisen, dort dann aber kaum kontrollieren zu können.
Wobei Hehmke insgesamt darauf verwies, dass es sich bei der jetzt vorgesehenen Allgemeinverfügung um eine Art Pilotprojekt handlt. Dort sollen Erfahrungen gesammelt werden. Zumindest nicht ausgeschlossen sei, auch weitere Bereiche unter diesen Status zu stellen. Etwa, wenn sich Verdrängungstendenzen zeigen würden, also viele Nachtschwärmer in Nebenstraßen oder andere Quartiere abwandern. Weitere Allgemeinverfügungen sind deshalb nicht nur im Simon-Dach-, sondern auch in anderen Kiezen möglich.
Nicht die einzige Lärmquelle
Doch wie zielführend ist der reduzierte Außenausschank überhaupt? Nicht nur die Gastwirte verweisen darauf, dass sie weder die einzige und schon gar nicht die größte nächtliche Lärmquelle seien. Weitaus mehr Radau gebe es zum Beispiel vor den Spätkauf-Läden. Dort und nicht in ihren Lokalen decke sich vor allem das jugendliche Publikum größtenteils mit Getränken ein. Für weitere Geräuschkulisse sorgen Besuchermassen auf der Straße. Sie seien ebenfalls nicht den Freiluftbetrieben zuzuordnen.
Auch andere Ideen würden in der AG fair.kiez weiter diskutiert, sagt Stadtrat Hehmke. Weiter überlegt werde zum Beispiel, ob es möglich ist, den Eingang zum RAW-Gelände am südlichen Ende der Simon-Dach-Straße zu schließen. Das Partyareal ist das Ziel vieler Feierwütiger. Die, so die Hoffnung, würden dann auf anderen Wegen dorthin kommen, was ebenfalls den Lärm reduziere.
Auch höhere Straßenbenutzungsgebühren für den Außenausschank wurden ins Spiel gebracht. Es könne nicht sein, dass Vermieter der Lokale die Freiluftplätze bereits in ihre Mietforderungen einpreisen. Aber abgesehen davon, dass der Senat die Kosten für das Nutzen von Straßenland festsetzt, könnte so eine Erhöhung gerade die Falschen treffen. Nämlich kleinere, inhabergeführte Lokale und wahrscheinlich weniger große Ketten.
Die Allgemeinverfügung ist deshalb nur ein Instrument, um für weniger Lärm zu sorgen. Dass sie jetzt kommen soll, hängt sicher auch mit den immer wieder erhobenen Vorwürfen zusammen, der Bezirk mache nichts oder zu wenig, um die betroffenen Bürger zu schützen. Karola Vogel hat ihn auch nach Bekanntgabe dieses Vorgehens noch einmal erhoben.
Ruhe, aber keine Friedhofsruhe
Sie erhielt danach Gegenwind von Umweltstadträtin Clara Herrmann (Bündnis90/Grüne). Friedrichshain-Kreuzberg setze sich schon lange für ein nachhaltiges Tourismuskonzept ein, was jetzt endlich auch im Senat angekommen sei. Und sie plädierte zwar ebenfalls für mehr Ruhe, aber nicht für Friedhofsruhe. "Wir genießen es ja auch, an einem schönen Abend noch draußen einen Wein oder sonst was zu trinken."
Aber in der Simon-Dach-Straße ab Mai nur noch bis 23 oder höchstens 24 Uhr. Dadurch werde gleichzeitig der bisherige "Flickenteppich" unterschiedlicher Außenausschankzeiten zumindest dort beendet, strich Andy Hehmke heraus. Gerade die Polizei begrüße das. Was aber auch bedeute, "es wird Gewinner und Verlierer geben".
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.