Lieschen Müllers Lärmempfindlichkeit: Abgesagte Allgemeinverfügung für die Simon-Dach-Straße im Parteienstreit
Die zunächst forcierte sogenannte Allgemeinverfügung für die Simon-Dach-Straße ist seit der Bezirksverordnetenversammlung Ende März vom Tisch (wir berichteten). Die Debatte darüber und über mögliche Alternativen ist damit aber nicht beendet.
Deutlich wurde das am 10. April bei der Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Vordergründig ging es dort ein um einen von Grünen und Linken eingebrachten und dann auch beschlossener Antrag, wie gezielt bei Lärmkonflikten vorgegangen werden soll. Was aber immer wieder in ein Abarbeiten der abgelehnten Allgemeinverfügung mündete.
Der weinte vor allem die SPD-Fraktion hinterher. Sie wäre die Lösung gewesen, war ihr Bezirksverordneter Stephan Ott überzeugt. Denn die klare Vorgabe, an Wochentagen um 23 und am Wochenende um 24 Uhr den Außenausschank in den Lokalen an der Simon-Dach-Straße zu beenden, hätte eine klare und nachvollziehbare Grundlage bedeutet. Was Bündnis- und Linkspartei stattdessen vorschlagen, seien langwierige und ressourcenaufwändige Ideen. "Da kann ich nur sagen – viel Spaß", sagte Ott.
Deren Antrag zielt unter anderem darauf ab, gezielt gegen die Verursacher von Lärm vorzugehen bis hin zum vollständigen Entzug des Außenausschanks. Die Erlaubnis zum Freiluftbetrieb sollte außerdem nicht mehr auf drei Jahre, sondern alljährlich vergeben werden. Was wiederum schnellere Sanktionsmöglichkeiten zulasse.
Auch das bezweifelte die SPD und sprach von einem "Bürokratiemonster". Zudem sei die dafür zuständige Abteilung schon jetzt unterbesetzt. Und dass vor allem die Linken im Verlauf der Allgemeinverfügungsdiskussion umgekippt seien, schien für die Sozialdemokraten noch immer nicht wirklich nachvollziehbar. Schließlich wäre von dort der ursprüngliche Antrag für dieses Instrument gekommen.
"Niemand hindert einen daran, klüger zu werden", konterte Linke-Verteter Lothar Jösting-Schüßler. Er habe seine Meinung vor allem nach einer Ausschusssitzung im Februar geändert. Dort hatte das Ordnungsamt Zahlen vorgestellt, nach denen sich rund die Hälfte der nächtlichen Klagen auf lediglich vier Lokale bezog. Weitere vier waren ebenfalls häufig lärmauffällig. Zusammen wären diese acht Betriebe für ungefähr 80 Prozent aller Beschwerden verantwortlich gewesen. Bei dieser Ausgangslage erschließe sich ihm nicht, warum dann alle mit reduzierten Freiluftvorgaben belegt werden sollen, meinte Jösting-Schüßler. Dazu komme als weiteres Argument, dass der Außenausschank nicht die Hauptursache sei, warum Anwohner um den Schlaf gebracht werden.
Ähnlich klang das auch beim Grünen-Fraktionsvorsitzenden Julian Schwarze. Wobei er anmerkte, dass in seiner Fraktion das Pro und Contra lange heftig hin und her gewendet worden sei.
Wirtschafts-und Ordnungsstadtrat Andy Hehmke (SPD) sah wiederum in der bei manchen Gaststätten geballten Beschwerdelage kein wirklich verwertbares Faktum. Vielmehr könne die Ursache dafür auch unterschiedlich ausgeprägte Sensibilität von Nachbarn sein. "In einem Haus wohnt Lieschen Müller, die sich gestört fühlt und sofort aktiv wird." Helga Lauter einige Lokale weiter mache dagegen möglichen Radau nicht aktenkundig. Der Lärmintensität und ihren Ursachen ohne die Hilfe einer Allgemeinverfügung auf die Spur zu kommen, werde deshalb schwierig und sei auch nicht die primäre Aufgabe des Ordnungsamtes, suggerierte der Stadtrat. Den Außendienstmitarbeitern obliege es vor allem zu kontrollieren, ob die festgesetzte Größe und Platzzahl des Außenausschankbereichs eingehalten werde.
Bei einem anderen, ebenfalls im Antrag der Grünen und Linken angesprochenen Problem, attestierte aber auch Hehmke Handlungsbedarf. Nämlich der Einordnung der Spätkauf-Läden. Vor vielen Spätis kommt es zu intensivem Publikumsverkehr mit entsprechender Lautstärke. Gleichzeitig gibt es dort keine Vorgaben für den Außenbetrieb. Es werde jetzt geprüft, wie das rechtssicher geändert werden könnte.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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