Michael Kleeberg stellt neuen Roman im Centre Bagatelle vor
Michael Kleeberg hat immer wieder für Aufsehen in der Literaturszene gesorgt, zuletzt mit dem Roman "Das amerikanische Hospital", der 2010 für den Deutschen Buchpreis nominiert war und 2011 den Evangelischen Buchpreis erhielt.
In "Vaterjahre" setzt sich der Protagonist Karlmann Renn angesichts des Aufwachsens seiner Kinder mit seinem eigenen Leben auseinander. Sowohl die Figur als auch der Erzähler, der seinen Helden manchmal wie eine Marionette durch einen gehobenen bürgerlichen Alltag führt, machen sich Gedanken über die eigene Vergangenheit. Dabei prüfen sie immer wieder die Verlässlichkeit der Erinnerung, was den Autoren in die Reihe der großen Identitätssucher stellt, bis hin zu Marcel Proust mit seiner "Suche nach der Verlorenen Zeit".
Karlmann Renn ist ein Mensch, der sich den eigenen Schwächen stellt. So erinnert er sich daran, dass seine zweite Frau, die Mutter seiner Kinder, sich aufgrund eines Missverständnisses für ihn interessierte. Sie war die Ärztin seines Vaters und missdeutete Karlmanns Auftreten im Krankenhaus als Fürsorge. Dabei war ihm der Zustand seines Vaters beinahe egal und er war nur vor Ort, um mit diesem über eine Geldanlage zu sprechen.
Kleeberg ist ein sehr genauer Beobachter seiner Gegenwart. Er schreibt angesichts von Markenversessenheit vieler Konsumenten über den "Trost der Dinge", und ist auch so ehrlich, dass viele Menschen diesen Trost tatsächlich im Materiellen finden. Er schreibt dabei nicht als Satiriker, auch wenn er sich einen Seitenhieb auf Uli Hoeneß nicht verkneifen kann. Er erkundet, was Menschen wirklich bewegt, auch wenn das nicht immer schmeichelhaft für sie ist. Und er stellt viele seiner Figuren in einen mythischen Zusammenhang - mancher Kommentar und mancher Dialog verweist auf Geschichten aus der Antike. So leistet der Autor ganz nebenbei und sehr unterhaltsam literarische Bildungsarbeit.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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