Vom Nachbar verraten
Stolpersteinverlegung für Musiklehrer Wolfgang Besig

Wolfgang Besig wurde 1942 als Deserteur hingerichtet. Erst 2002 wurde er rehabilitiert. | Foto: AG Stolpersteine Reinickendorf
  • Wolfgang Besig wurde 1942 als Deserteur hingerichtet. Erst 2002 wurde er rehabilitiert.
  • Foto: AG Stolpersteine Reinickendorf
  • hochgeladen von Simone Gogol-Grützner

Zum ersten Mal verlegt die Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine selbst einen Stolperstein – am Sonnabend, 9. November, um 15.30 Uhr an der Hainbuchenstraße 20.

Auf die Verlegung des Stolpersteins folgt um 18 Uhr die Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht vor der Evangelischen Johanneskirche am Zeltinger Platz, bei der auch die Biographie von Wolfgang Besig verlesen wird, dem der neue Stolperstein gewidmet ist.

Wolfgang Besig kam 1908 in Frankfurt am Main zur Welt. Später zog die Familie nach Berlin, wo sein Vater Friedrich Karl Besig 1914 ein Haus an der Hainbuchenstraße 20 baute. Wolfgang Besig studierte Musik und Gesang und arbeitete als Musiklehrer. 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und diente als Gefreiter in Warschau.

Am 2. August 1941 beging Wolfgang Besig Fahnenflucht. Nachdem er sich laut Anklageschrift in „verschiedenen Gegenden Deutschlands herumgetrieben“ haben soll, fand er Unterschlupf auf dem Dachboden des elterlichen Hauses. Besig spielte nachts Klavier, weshalb ein Nachbar auf ihn aufmerksam wurde und ihn anzeigte. Die Polizei nahm Besig am 30. April 1942 fest.

Es begann ein Leidensweg durch verschiedene Gefängnisse. In einem traf Besig auf den Theologen Dietrich Bonhoeffer, mit dem der Musiker auch Gottesdienste organisierte. Schließlich wurde Besig vom Feldgericht Posen wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt und am 14. Juli 1942 erschossen. Seine Eltern erhielten dann noch eine Rechnung für die Hinrichtung. Im Sterberegister des Standesamtes Berlin-Hermsdorf wurde Besig als „Kriegssterbefall“ eingetragen. Besigs Eltern und seine Ehefrau Elisabeth Henriette wurden noch wegen Fluchthilfe angeklagt und verurteilt. Die Strafen wurden aber nicht mehr vollstreckt.

Das Grab von Wolfgang Besig befindet sich auf dem Friedhof Milostowo in Posen. Sein Name ist dort mit dem vieler anderer mit Geburts- und Todesdatum auf einem Gedenkstein verzeichnet. Am 28. November 2002, mehr als 60 Jahre nach seinem Tod, wurde Wolfgang Besig vom Deutschen Bundestag rehabilitiert.

Der Stolperstein für Wolfgang Besig ist der einzige, der in diesem Jahr in Reinickendorf verlegt wird. Da an anderen Stellen in Berlin aber zahlreiche Verlegungen stattfinden, sah es die Arbeitsgemeinschaft als wenig sinnvoll an, dass der Stolperstein-Initiator, der Künstler Gunter Demnig, wegen eines einzelnen Steins nach Frohnau fahren sollte, und übernimmt daher selbst die Verlegung. Mit den Stolpersteinen wird an Opfer des Nationalsozialismus an ihrem letzten freiwillig gewählten Wohnort erinnert.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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