Erinnerung an ermordeten Widerstandskämpfer
Vor 75 Jahren starb Oberst Wilhelm Staehle
Am Donnerstag, 23. April, jährt sich zum 75. Mal der Todestag des von den Nationalsozialisten ermordeten Oberst Wilhelm Staehle. An den Widerstandskämpfer erinnert eine Gedenktafel in der Invalidensiedlung.
Der Weg ins Militär war für den am 20. November 1877 im niedersächsischen Neuenburg geborenen Wilhelm Staehle vorgezeichnet. Schon Vater und Großvater waren Offiziere, und auch Wilhelm Staehle wurde nach dem Abitur in Osnabrück Fahnenjunker. Als Leutnant nahm er an der Niederschlagung des Boxeraufstandes in China teil.
Steile Karriere im Heer
In den Ersten Weltkrieg zog Staehle als Hauptmann an der Westfront und brachte es bald zum Stabsoffizier, der zum Abwehrspezialisten wurde. Die nach dem Versailler Vertrag stark reduzierte Reichswehr wollte auch in der Weimarer Republik nicht auf Staehle verzichten. Er beteiligte sich an der Niederschlagung des Spartakusaufstandes.
1929 erfuhr Staehles Karriere einen Knick. Nachdem er im Jahr zuvor die geschiedene Sozialfürsorgerin Hildegard Stille geheitatet hatte, musste er aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Er wurde Fürsorgereferent der Reichswehr in Berlin, und 1939 Kommandant des Berliner Invalidenhauses, dessen Bewohner 1938 in die neu erbaute Invalidensiedlung in Frohnau gezogen waren.
Ehepaar Straehle gehörte zu Solf-Kreis
Das Ehepaar Staehle stand dem Nationalsozialismus von Anfang an ablehnend gegenüber, fühlte sich zu den konservativen Kritikern der Diktatur hingezogen. Sie gehörten zur „Kirchlichen Hilfsstelle für evangelische Nichtarier“ und besuchten die Treffen des sogenannten Solf-Kreises, benannt nach Hanna Solf, der Berliner Gastgeberin der Treffen. Die prominentesten Teilnehmerinnen waren die Bismarck-Enkelin Hannah von Bredow und die Tierärztin Maria Gräfin von Maltzan.
Nach der Besetzung der Niederlande nutzte Staehle Dienstreisen, um Kontakt zum dortigen Widerstand aufzunehmen. Er sprach fließend holländisch, schließlich war seine Mutter gebürtige Niederländerin. Staehle warb um Unterstützung für die Zeit nach einem gelungenen Attentat auf Hitler. Die Verhaftung eines Funkers in den Niederlanden brachte die deutsche Abwehr auf die Spur Staehles, der im Februar 1944 ein erstes Mal verhaftet wurde. Eine zweite Verhaftung folgte im Juni wegen der Mitgliedschaft im Solf-Kreis. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Hitler galt er als Mitwisser.
Ermordung kurz vor Kriegsende
Am 16. März 1945 verurteilte der Volksgerichtshof Staehle zu zwei Jahren Gefängnis wegen Begünstigung eines politischen Flüchtlings. In der Nacht zum 23. April 1945 wurde Staehle in der Nähe des Zellengefängnisses Lehrter Straße von einem SS-Kommando durch Genickschuss ermordet. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Invalidenfriedhof.
Auch Staehles Ehefrau Hildegard wurde im August 1944 verhaftet. Sie überlebte das Konzentrationslager Ravensbrück und wurde zur Mitbegründerin der CDU in Berlin und in der sowjetischen Besatzungszone. Am 16. Dezember 1945 kam sie bei einem Autounfall im Alter von 51 Jahren ums Leben.
Straehleweg erinnert seit 1971 an Widerständler
26 Jahre nach Staehles Ermordung wurde am 23. April 1971 der westliche Teil des Hubertusweges in Staehleweg umbenannt. Er verbindet die Oranienburger Chaussee mit der Invalidensiedlung. Zudem gibt es dort eine Erinnerungsstätte, die aus einem Glockenturm mit der alten Glocke aus dem Invalidenhaus und einer Gedenktafel besteht.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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