Erschossen am 1. Weihnachtsfeiertag
Am 25. Dezember 1952 starb Herbert Bauer an der Sektorengrenze zu Glienicke-Nordbahn
Die Gedenkstelle für den Polizisten Herbert Bauer im Joseph Brix und Felix-Genzmer Park am Edelhofdamm instandgesetzt werden. Dies hat der Ausschuss für Weiterbildung und Kultur in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf Antrag der FDP-Gruppe beschlossen. Außerdem soll eine Informationstafel auf sein Schicksal hinweisen.
Doch wer war eigentlich Herbert Bauer? Auf der Inschrift auf dem Stein an der Gedenkstelle ist zu lesen „Polizeioberwachtmeister Herbert Bauer. Geboren 30.11.1925, starb für die Freiheit am 25.12.1952.“ Sein Todestag war also der 1. Weihnachtsfeiertag vor 71 Jahren. Er war damals gerade einmal 27 Jahre alt. Zudem gibt das Mahnmal an der Oranienburger Chaussee, das an Maueropfer erinnert, weitere Hinweise. Darauf steht der Name von Herbert Bauer und der von Michael Bittner. Letzterer wurde als 25-Jähriger am 24. November 1986 beim Versuch, die Mauer zwischen Glienicke/Nordbahn und Frohnau zu überwinden, von Angehörigen der DDR-Grenztruppen erschossen. Und Herbert Bauer? Auch er wurde an diesem Ort ein Opfer der deutschen Teilung, allerdings schon im Jahr 1952, in den frühen Morgenstunden des 1. Weihnachtsfeiertages.
Was damals passierte, schildern verschiedene Quellen, wobei die Plattform Wikipedia besonders umfangreich die Abläufe darstellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlief entlang der Oranienburger Chaussee die Grenze zwischen dem französischen Sektor in West-Berlin und der Sowjetischen Besatzungszone. Der Grenzverlauf war teilweise skurril. So gehörte der Eingang des Hauses mit der Nummer 68 noch zu West-Berlin, südlich wurde es allerdings von der Leipziger Straße in Glienicke/Nordbahn begrenzt. Eine damalige Bewohnerin dieses Hauses kam am 25. Dezember 1952, gegen 3.30 Uhr, mit ihren Eltern nach einer Weihnachtsfeier nach Hause. Beim Betreten des Grundstücks sollen sie von drei mit Maschinenpistolen bewaffneten Sowjetsoldaten aufgefordert worden sein, ihnen über die Grenze zu folgen. Um das zu verhindern, täuschte die Mutter der Bewohnerin einen Herzanfall vor, woraufhin die Soldaten Vater und Tochter gestatteten, die Frau in das Haus zu bringen. Dort verbarrikadierten sie sich.
Gleichzeitig waren Nachbarn auf das Geschehen aufmerksam geworden und hatten die Polizei alarmiert. Als erster vor Ort war der Oberwachtmeister Herbert Bauer vom damaligen Polizeirevier am Zeltinger Platz.
Er soll gegen 4.09 Uhr mit seinem Fahrzeug auf der rechten Seite des Edelhofdamms eingetroffen sein, ziemlich genau dort, wo sich heute das Mahnmal befindet. Ein Kollege folgte ihm kurz darauf und parkte seinen Wagen auf der linken Seite. Die Sowjetsoldaten scheinen sich zu diesem Zeitpunkt vor dem Grundstück Nummer 68 befunden zu haben und damit einige Meter im französischen Sektor, sie waren aber wegen der Dunkelheit nicht zu sehen. Als Herbert Bauer mit eingeschalteter Taschenlampe die Oranienburger Chaussee überquerte, soll ein Soldat hinter einem Baum hervorgetreten sein und mit seiner Maschinenpistole auf den Oberwachtmeister geschossen haben. Der Polizist fiel schwerverletzt zu Boden. Sein Kollege, der ihm mit einigen Metern Abstand gefolgt war, erwiderte das Feuer und traf möglicherweise einen der Armeeangehörigen. An den Verletzten kommt er aber nicht heran, denn auch in seine Richtung fallen Schüsse.
Weitere Polizisten, die eintrafen, gerieten ebenfalls unter Beschuss der Sowjetsoldaten. Erst rund eine halbe Stunde, nachdem Herbert Bauer Opfer der MP-Salve geworden war, konnte er geborgen werden. Seine Hilferufe waren immer leiser geworden, schließlich verstummt. Er wurde ins Dominikus-Krankenhaus nach Hermsdorf gebracht, wo nur noch sein Tod festgestellt werden konnte. Herbert Bauer hinterließ eine Ehefrau und zwei Kinder.
Von der DDR-Propaganda wurden die Ereignisse als eine „provokatorische Aktion“ der West-Berliner Polizei dargestellt, die dank der „Tapferkeit und Kaltblütigkeit“ der Sowjetsoldaten gescheitert sei. Der getötete Polizist sei demnach Opfer dieser Provokation geworden. Eine Sichtweise, gegen die sich sehr schnell der französische Stadtkommandant gestellt hatte.
Das Geschehen am Weihnachtstag 1952 hat damals die Bevölkerung von West-Berlin sehr stark aufgewühlt. Viele Menschen legten in den Tagen nach der Erschießung von Herbert Bauer Blumen am Tatort nieder. Die Fahrt des Leichenwagens zum Friedhof Tegel an der Wilhelm-Blume-Allee am Tag seiner Beerdigung am 30. Dezember 1952 säumten nach damaligen Schätzungen der Polizei 800 000 bis 900 000 Menschen. Und bis zu 100 000 nahmen an einer Trauerkundgebung vor dem Rathaus Schöneberg teil. Der Senat und das Abgeordnetenhaus hatten Staatstrauer angeordnet. Betriebe wurden aufgefordert, Mitarbeiter zu beurlauben, Behörden schlossen um 14 Uhr. Die Trauerrede vor dem Schöneberger Rathaus hielt der damalige Regierende Bürgermeister Ernst Reuter (SPD). „Wir wollen nicht mehr dulden, dass Berliner entführt und niedergeschossen werden. Die Welt muss begreifen, dass das unser Recht ist“, sagte er unter anderem.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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