Fällentscheidung fällt wohl erst im Herbst
Umbau der Senheimer Straße: CDU-Stadträtin Schrod-Thiel wartet Baumgutachten ab
Die geplante Abholzung von 60 bis 80 Bäumen in der Senheimer Straße erregt derzeit die Gemüter im Bezirk. Die Straße soll umgebaut werden. Das ist unstrittig, denn die Fahrbahn ist dringend erneuerungsbedürftig. Die geplanten Fällungen haben jedoch eine Kontroverse ausgelöst.
Zwischen dem 9. und dem 11. Juli ging es an drei Abenden bei unterschiedlichen Veranstaltungen um die Senheimer Straße. Zunächst beschäftigte sich der Stadtentwicklungsausschuss damit. Einen Tag später nahm das Thema schon durch mehrere Einwohneranfragen breiten Raum in der BVV ein. Und am 11. Juli gab es eine vom Bürgerverein in der Gartenstadt Frohnau organisierte Versammlung im Centre Bagatelle. Dort stand am Ende ein zumindest kleines Ergebnis. Das Bezirksamt zeigte sich zumindest offen für Einwände und Verbesserungsvorschläge. Der Bürgerverein begrüße die Offenheit zur Prüfung von Alternativen, hieß es danach in dessen Stellungnahme. Sie nehme die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger ernst und greife die Anregungen und Hinweise gerne auf, formulierte wiederum die verantwortliche Stadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) in einer Mitteilung des Bezirksamtes. Sie stellte aber gleichzeitig heraus, dass es wichtig sei, die Sanierung schnellstmöglich umzusetzen. Auf welche Weise das dann final passiere, hänge nicht zuletzt vom aktuell in Auftrag gegebenen Baumgutachten ab. Dessen Ergebnisse werden im Herbst erwartet.
Die bisherigen Planungen für die Senheimer Straße stammen aus dem Jahr 2017. Sie sehen eine Verschiebung des Straßenquerschnitts um 50 Zentimeter nach Osten vor. Dadurch müssten die meisten Bäume auf diese Straßenseite gefällt werden. Begründet wurde das mit den vorgesehenen Parkstreifen auf jeder Straßenseite. Außerdem brauche es auf der Fahrbahn genügend Platz für die Feuerwehr. Deren Wache befindet sich seit Januar an der Senheimer Straße. Schließlich spielte auch die Vitalität der Bäume eine Rolle. Aussagen von Julia Schrod-Thiel legten zunächst nahe, dass viele von ihnen krank seien und bereits aus Gründen der Verkehrssicherheit abgeholzt werden müssten. Sie bezog sich dabei auf ein Baumgutachten, das ebenfalls 2017 erstellt wurde. Nach Veröffentlichung des Gutachtens hielten unter anderem die Fraktion der Grünen in der BVV und die im Mai gegründete Bürgerinitiative Senheimer Straße die Angaben der Stadträtin durch die dortigen Ergebnisse nicht gedeckt. Bei keinem der vom Kahlschlag betroffenen Bäume werde eine Fällung empfohlen. Und lediglich zwei würden als „weniger erhaltenswürdig“ eingestuft. Überdies sei damals kein klassisches Gutachten erstellt worden, vielmehr habe es lediglich eine Begehung durch eine Mitarbeiterin des Straßen- und Grünflächenamtes gegeben.
Statt die Bäume abzuholzen, sollte auf den Parkstreifen an der Ostseite verzichtet werden, fordert die Bürgerinitiative. Er werde ohnehin nicht benötigt, erklärten ihre Sprecher Dr. Cornelia Gumbel und Erwin Reiners. Zwischen dem 2. und 9. Juli hätten sie die aktuellen Parkplätze gezählt und wären dabei auf 87 auf der West- sowie 85 entlang der Ostseite gekommen. Selbst in Spitzenzeiten wäre höchstens die Hälfte belegt gewesen, was nicht verwundere. Denn auf den Grundstücken der 71 Häuser in der Senheimer Straße gebe es insgesamt 69 Stellplätze und 48 Garagen.
Die Parkstreifen wären keinem Parkdruck geschuldet, sondern sollen der Sicherheit dienen, erklärte Sascha Braun, Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes bei der Bürgerversammlung. Abgestellte Fahrzeuge am Straßenrand würden für weniger Tempo bei durchfahrenden Autos sorgen. Der Hinweis, dass sich eine Geschwindigkeitsreduzierung auch durch andere Maßnahmen, etwa Modalfilter erreichen lasse, wurde von ihm mit dem Hinweis auf die möglichst uneingeschränkte Durchfahrt für die Feuerwehr verworfen. Die Feuerwehr würde ebenfalls vom Wegfall eines Parkstreifens profitieren, fand die Bürgerinitiative. Denn Autos am Straßenrand könnten eine schnelle Durchfahrt erschweren. Bei den Bäumen wäre das nicht der Fall.
Neupflanzungen sind auch in der aktuellen Planung vorgesehen. Hier gehe es vor allem um klimaresilientere Bäume, erläuterte Sascha Braun. Mehr Linden, statt wie jetzt vor allem Ahorn, wobei er sich offen auch für andere Baumarten zeigte. Als Zeichen für besseren Klimaschutz wurde das von den Anwohnern nicht gewertet. Außerdem müssten die neuen Bäume erst einmal heranwachsen.
Bei ihrem Alternativvorschlag gehe es lediglich um 50 Zentimeter, die verändert werden müssten, stellten Cornelia Gumbel und Erwin Reiners heraus. Für Julia Schrod-Thiel und das Straßen- und Grünflächenamt bedeutet aber auch das einen Eingriff in die bisherige Planung. Die sei nämlich festgezurrt und durch Senatsmittel finanziert. Mögliche Veränderungen würden auf jeden Fall zu einer Zeitverzögerung führen. Das habe Auswirkungen auch auf weitere Umbauvorhaben. Die sind bisher ab 2026 in der Gollanczstraße und voraussichtlich ab 2031 in der Markgrafenstraße vorgesehen.
In der Bezirkspolitik wurde die Baumdebatte ebenfalls sehr kontrovers behandelt. Ein Antrag der Grünen und von Felix Lederle (Die Linke) im Stadtentwicklungsausschuss, der das Bezirksamt ersuchte, die Planungen so anzupassen, dass die Bäume erhalten werden können, wurde auf Antrag der CDU-Fraktion vertagt. Auch hier geschah das vor allem mit Verweis auf das neue Baumgutachten, dessen Ergebnisse abgewartet werden müsse, erklärte der CDU-Bezirksverordneten Lorenz Weser. Bis dahin werde ohnehin nichts passieren. In der BVV am 10. Juli sah sich Stadträtin Schrod-Thiel auch mit Anmerkungen und Vorwürfen aus dem Plenum konfrontiert. Mehrere Redner forderten sie dazu auf, die Pläne zu stoppen, die viele Jahre vor ihrer Amtszeit ausgearbeitet wurden. „Sie müssen nicht etwas auf Biegen und Brechen verteidigen, für das Sie nicht verantwortlich sind“, sagte Felix Lederle. David Jahn (FDP) war noch aus einem anderen Grund erbost. Er habe bereits am 7. Juni Einsicht in alle Akten im Zusammenhang mit dem Planungsverfahren aus 2017 beantragt. „Das betraf nicht nur das Baumgutachten“. Bisher sei sein Antrag, ebenso wie solche aus der Einwohnerschaft, unbeantwortet geblieben. Jahn wertete das als „schwerer Vertrauensbruch und dem Amt nicht würdig“. Sollte nicht zeitnah Einsicht gewährt werden, gebe es eine Klage gegen das Bezirksamt.
Wenn das neue Baumgutachten vorliege und intern ausgewertet sei, werde eine weitere Informationsveranstaltung stattfinden, kündigte Julia Schrod-Thiel an. Auch bei den weiteren Umbauarbeiten im Frohnauer Straßenland soll es künftig eine Bürgerbeteiligung geben, auch wenn das gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Bei der Senheimer Straße ist das unterblieben, die Planungen sind erst ab Frühjahr allgemein öffentlich bekannt geworden. Auch das hat einiges zum Ärger beigetragen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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