Hüter des Huth-Hauses
Die Evangelische Dorfkirchengemeinde Gatow weihte ihr saniertes Erbe ein
Aus dem Namen Huth-Haus lässt sich viel biblische Tradition ableiten. Behüten, der Hüter, die Obhut. Pfarrer Matthias Kaiser zählte sie in seiner Predigt auf. Und schon deshalb bleibt es bei dieser Bezeichnung für das Gebäude.
Das Huth-Haus ist ein Fachwerkhaus an der Straße Alt-Gatow, mitten im Zentrum des Ortsteils. Auf der anderen Straßenseite befindet sich die Evangelische Dorfkirche. Der Kirchengemeinde gehört mittlerweile das Huth-Haus. Denn Joachim Huth, der letzte Eigentümer, hat es ihr nach seinem Tod 2018 vermacht.
Das Erbe wurde in den vergangenen Jahren saniert. Eine Herausforderung. Dies wurde bei der Einweihung am 9. Juli deutlich. „Mehrere Dachbalken waren gebrochen, das Dach hing durch und die südliche Giebelwand hatte sich aus der Verankerung gelöst, wölbte nach außen und drohte einzustürzen“, war in der Festschrift nachzulesen.
Dass die Probleme gelöst, das Vorhaben vorangebracht werden konnte, sei „Mut, ehrenamtlicher Tatkraft und immensem Einsatz“ der Verantwortlichen zu verdanken gewesen. Besonders erwähnt wurde beim Open Air-Gottesdienst anlässlich der Eröffnung das Engagement der Gemeindekirchenratsvorsitzenden Heidi Wandrei. Ebenfalls großen Dank galt den Meistern und Lehrlingen der Knobelsdorff-Schule, Berufsfachschule für das Bauhandwerk. Ohne ihr Wirken wäre der Erhalt des Hauses nicht gelungen. Durch die Sanierung hat das Gebäude hinsichtlich der Heiztechnik und Wärmedämmung einen zeitgemäßen Standard – einschließlich einer Wärmepumpe.
Das Huth-Haus befindet sich auf einem 1800 Quadratmeter großen Grundstück, das sich bis zum Havelufer erstreckt. Neben der Verwaltung der Kirchengemeinde und der Kirchhofverwaltung sollen dort auch fast alle Gemeindegruppen einziehen. Im Obergeschoss wurden vier Studentenzimmer eingerichtet, seit Juni wohnen dort zwei Studentinnen der Gemeindepädagogik und eine Studentin mit Fachrichtung Psychologie, außerdem zwei ukrainische Jugendliche.
Das Huth-Haus ist eine Art kleine oder Alternativlösung dessen, was die Gemeinde eigentlich vorhatte, beziehungsweise immer noch vorhat. Vor sechs Jahren wurde dort das Konzept der „Sozialen Mitte“ entwickelt. Es sah den Bau von Seniorenwohnungen, einer Kita und einem Begegnungscafé auf den Grundstücken Plievierstraße 1 und 3 vor, die sich gegenüber der Erbimmobilie befinden. In der Plivierstraße 3 steht das Gemeindehaus, die Fläche Plievierstraße 1 wurde für dieses Vorhaben dazugekauft. Die Gebäude auf beiden Grundstücken sollten abgerissen werden. Das 1974 eingeweihte Gemeindehaus entspreche nicht mehr heutigen Maßstäben, die auch den Umweltschutz berücksichtigen und Mehrgenerationenarbeit ermöglichen soll, erklärte die Gemeinde.
Das Landesdenkmalamt sieht das etwas anders. Es teilte im vergangenen Sommer mit, dass bei den beiden Gebäuden Untersuchungen laufen, ob sie unter Denkmalschutz gestellt werden sollten. Beim Gemeindehaus ist dies passiert und die Kirchengemeinde überlegt, dagegen zu klagen. Nachgedacht werde inzwischen auch, ob sich das Gebäude als Kindergarten nutzen ließe. Es ist seit Frühjahr zunächst für zwei Jahre an den Gemeinwesenverein Heerstraße Nord vermietet, der das Haus zum Nachbarschaftszentrum ausbauen möchte. Keine Lösung gibt es bisher für die Plievierstraße 1.
Auch angesichts dieser Querelen bedeutet das Huth-Haus eine neue Obhut. Joachim Huth, der letzte Besitzer, starb im Alter von 90 Jahren. Gearbeitet hat er einst als Disziplinaranwalt der Bundeswehr. Sein Vater, Generalleutnant Joachim-Friedrich Huth (1896-1962), war Berufssoldat. Seine militärische Karriere dauerte von der Kaiserzeit über die Nazizeit bis zu den Anfängen der Bundeswehr. Joachim-Friedrich Huth war verheiratet mit Else Schulze, der Tochter des Gatower Bauern Albert Schulze. Dieser errichtete im 19. Jahrhundert das Huth-Haus zunächst als Scheune. Um die Jahrhundertwende wurde es zum Wohnhaus umgebaut. Einen weiteren Umbau gab es in den 1920er-Jahren, als Joachim-Friedrich Huth und Else Schulze einzogen. Damals sei es verputzt und der Sockel gekachelt worden, erklärte die Kirchengemeinde. Aus heutiger Sicht habe das eine Katastrophe für das Haus bedeutet, weil dadurch das Fachwerk eingeschlossen und von der Lüftung abgeschlossen wurde und verfaulte.
Einige Möbel aus dem Gebäude wurden dem Martin-Niemöller-Haus in Dahlem geschenkt. Sie werden dort wahrscheinlich Teil einer Ausstellung über Mobiliar aus den 30er- und 40er-Jahren. Historisch wertvolles aus dem Nachlass ging an das Stadtgeschichtliche Museum Spandau auf der Zitadelle. Mit dessen Hilfe der Unterlagen und Exponate soll irgendwann die Geschichte der Familie Huth erzählt werden.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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