Stadtrat zieht Blaue Briefe für Weiten Blick unverhofft zurück

Die Kündigungen von drei Mieterinnen in der Wochenendsiedlung „Weiter Blick“ sind vorerst ausgesetzt. Die Grundstücke bleiben damit zwar ein weiteres Jahr gesichert. Die Kündigungsgründe aber sind laut Stadtrat noch nicht vom Tisch.

Konfus, aber trotzdem wie Weihnachten: So lässt sich die jüngste Sitzung des Hochbauschusses in Kürze beschreiben. Dort kündigte Facility-Stadtrat Andreas Otti (AfD) überraschend an, die von seiner Liegenschaftsverwaltung bereits verschickten Kündigungen für die drei Mieterinnen in der Siedlung „Weiter Blick“ auszusetzen und zwar „zunächst für ein Jahr“. Was bei den zwei anwesenden Mieterinnen im Ausschuss durchaus für Weihnachtsstimmung sorgte, da sie ihre Wochenendhäuser sonst bis zum 27. Dezember hätten abreißen müssen.

Allerdings stellte der Stadtrat klar, dass die Kündigungen der Liegenschaftsverwaltung keinesfalls falsch gewesen seien oder leichtfertig ausgesprochen wurden. „Denn“, so Andreas Otti, „die festgestellten Mängel, die zu den Kündigungen geführt haben, sind weiterhin da und der Unrechtstatbestand bleibt bestehen.“

Gründe unbekannt

Die genauen Gründe für die Kündigungen wollte der Stadtrat indes immer noch nicht nennen. Die sollen erst Ende Januar in einer nichtöffentlichen Sitzung des Ausschusses besprochen werden, was die CDU-Fraktion als „intransparent“ bezeichnete.

Wie zuletzt berichtet (www.berliner-woche.de/gatow/politik/moratorium-fuer-weiter-blick-stadtrat-soll-kuendigungen-aussetzen-und-sich-erklaeren-d135668.html), war den drei Siedlerinnen im September zum Jahresende gekündigt worden und zwar ohne Angabe von Gründen, was der Mietvertrag zulässt. Den Kündigungen war ein längerer Briefwechsel vorausgegangen, in dem der zuständige Sachbearbeiter aus der Liegenschaftsverwaltung unter anderem den „Verdacht auf Wohnnutzung“ äußerte. Den aber haben die Mieterinnen nach eigenen Angaben mit dem polizeilichen Nachweis für ihren Erstwohnsitz, der nicht in der Siedlung ist, frühzeitig entkräften können.

Aussagen sorgen für Verwirrung

Im Ausschuss sorgten die Aussagen von Stadtrat Otti für große Verwunderung, wenn nicht gar Verwirrung. „Was bringt es denn, die Kündigungen auszusetzen, wenn die angeblichen Gründe dafür immer noch im Raum stehen? Dann sitzen wir doch nächstes Jahr wieder hier", sagte CDU-Fraktionschef Arndt Meißner. Darum könne die jetzige Entscheidung nur ein erster Erfolg sein. „Vom Bezirksamt erwarten wir, das es auf weitere Kündigungen für alle 16 Siedler verzichtet, bis geklärt ist, wie die Siedlung künftig genutzt werden soll." Bekanntlich soll der „Weite Blick“ bebaut werden. Dieser Forderung stimmten SPD, FDP, Grüne und Linke zu.

Die AfD wiederum verteidigte ihren Stadtrat. Die Fraktion habe in einer längeren Nachtsitzung vor dem Sitzungstag des Ausschusses am 4. Dezember das Gespräch mit Otti gesucht und eine „einvernehmliche Lösung“ erzielen können, so Fraktionschef Wolfgang Werner. Was Arndt Meißner dazu bewegte, der AfD-Fraktion für ihre schnelle Reaktion auf die seit Oktober bekannten Kündigungen zu „gratulieren“.

Nachts spioniert?

Mit im Ausschuss saß auch Jürgen Kessling von der WisS, der sich für die Mieterinnen eingesetzt hatte und darum Rederecht erhielt. Kessling betonte, dass die Frauen dem Stadtrat wiederholt Gespräche angeboten hätten. „Aber wir haben nicht einmal eine Antwort auf unser Angebot erhalten“, so Kessling. Erst am 20. November habe sich der Stadtrat zu Einzelgesprächen bereit erklärt, dabei aber auf den Kündigungen beharrt. Den Stadtrat ging Kessling hart an: „Nennen Sie doch hier einmal die Grundlage, die einen Ihrer Mitarbeiter berechtigen, quasi Polizeiaufgaben zu übernehmen und die Mieter zu bespitzeln“, forderte er mit dem Hinweis auf solche Vorwürfe von den betroffenen Mieterinnen. Die aber wies der Stadtrat zurück. Jeder Mitarbeiter der Verwaltung habe die Pflicht genau zu prüfen, so Otti. Was Arndt Meißner erneut verwunderte: „Wenn die Mitarbeiter angeblich sogar nachts in der Siedlung spionieren, möchte ich mal ihre Dienstpläne sehen.“

Die Diskussion wird also weitergehen. Zumal es nicht das erste Mal ist, dass der Stadtrat Kündigungen seiner Liegenschaftsverwaltung später wieder zurücknimmt, nachdem öffentliche Proteste laut werden. Letzter Fall war das Ehepaar Wettwer aus der Wohnsiedlung Hakenfelde.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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