Wasser- und Schifffahrtsamt blockiert Renaturierung der Unterhavel
Eine Gruppe von Anwohnern aus dem Ortsteil Gatow bemüht sich seit geraumer Zeit um die Renaturierung eines kleinen Teilstückes der Unterhavel im südlichen Bereich der Kleinen Badewiese. Dieses rund 45 m lange Uferstück ist seit dem 2. Weltkrieg mit einer steilen Aufpflasterung massiver Hexaeder-Steine - im Volksmund Katzenbuckel-Steine genannt - verbaut. Ein natürlicher Ufersaum, der flach in das Havelwasser ausläuft, kann sich deshalb hier nicht herausbilden. Während des Krieges wurde dieser steile Steinwall angelegt, um Lastschiffen das Anlegen und Ausladen von Flugbenzin für den nahen Flughafen Gatow zu ermöglichen. Der Krieg ist über 70 Jahre vorbei, die Verbauung des Ufers ist jedoch geblieben, so dass sich kein natürlicher Ufersaum aus flachen Sandbuchten und durchgehendem Röhrichtbestand bilden konnte.
Ein 2 m breiter Ufersaum fällt in die Zuständigkeit des Bundes
Seit der Vereinigung beider deutscher Staaten ist das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) als Behörde des Bundes auch für einen zwei Meter breiten Streifen des Havelufers rechtlich zuständig. Auf ein Schreiben an den Leiter des WSA, Herrn Michael Scholz, vom Januar 2018, verbunden mit dem Antrag, diese Verbauung rückgängig zu machen, antwortete dieser, dass sein Amt lediglich „zur Aufrechterhaltung der Sicherheit (…) für den durchgehenden Schiffsverkehr“ tätig wird, „Uferbereiche, die dem nicht entgegen stehen, werden durch die WSV (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung) nicht verändert.“ Für die nächsten 5-8 Jahre kann er deshalb keine Zusage zur Umgestaltung dieses Uferabschnittes geben. Und dies bei einem Uferstück von 45 m, was nun wirklich keine riesigen Summen verschlingt!
Projekt "Blaues Band Deutschland"
Das WSA stellt sich als nachgeordnete Behörde des Verkehrsministeriums mit dieser Entscheidung ausdrücklich gegen das vom Bundeskabinett am 1.2.2017 beschlossene Programm „Blaues Band Deutschland“, das die Havel-Renaturierung ausdrücklich zum Inhalt hat. Und dies, obwohl in einem weiteren Beschluss des Bundestages vom 18.5.17 dem WSA in der Umsetzung dieses Programmes eine Aufgabenerweiterung auferlegt wurde. Das Projekt „Blaues Band“ sieht ausdrücklich vor, „nicht mehr benötigte Infrastruktur der Bundeswasserstraßen rückzubauen“. Auch wenn man erst in einigen Jahren tätig werden will, müssten zumindest jetzt konkrete Planungsschritte (einschließlich der Zusagen der benötigten finanziellen Mittel) eingeleitet werden.
Der von uns im März 2018 eingeschaltete zuständige Baustadtrat des Bezirksamtes Spandau Frank Bewig (CDU) sieht die Problemlage zwar ähnlich wie wir, äußert jedoch angesichts der extrem engen finanziellen Ausstattung seiner Dienststelle, dass sein Amt keine Möglichkeit sieht, selbst diesen kleinen Uferabschnitt rückzubauen. Damit sind wir in Absurdistan angekommen: Es handelt sich doch eindeutig um ein Areal, für das die „Öffentliche Hand“ als Eigentümerin die Verantwortung zu übernehmen hat, doch die eine Behörde will nicht, die andere kann nicht.
Allmacht und Willkür der Behörde
Dieser hier aufgezeigte Konflikt ist zwar klein, doch symptomatisch für Willkür, Allmacht und Arroganz von Behörden, die eigentlich als Dienstleister für die Bürger da sein sollen und nicht nur um ihrer selbst willen existieren. In dem hier offenkundigen Behörden-Wirrwarr gibt es offenbar niemand, der sich daran macht, die anfallenden Kosten zu berechnen und die Federführung für die notwendige Renaturierung zu übernehmen - zu Lasten der Natur und damit auch zu Lasten der Bürger. Das ist die eigentliche Schande in unserem Land und führt zu einer weiter zunehmenden Bürgerverdrossenheit, die zu Wahlergebnissen führen, die vor einigen Jahren kaum vorstellbar waren.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Das „Blaue Band“ ist ins Leben gerufen worden, um verloren gegangene Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt unserer Gewässerlandschaft zurückzugewinnen. Der 2 m breite Uferstreifen hinter der steilen Aufpflasterung ist zwar „naturbelassen“, doch alles andere als ein natürliches Havelufer: Es hat sich ein ungepflegter Wildwuchs aus Neophyten (z. B. Späte Goldrute) und lichtliebender, schnellwachsender Ruderalvegetation (z. B. Acker-Brombeere, Kratzdistel, filziger Klette und Waldrebe) entwickelt, der weder für Amphibien noch für ufernahe Insekten und Vögel einen Ersatzlebensraum bietet. Für diesen runtergekommenen, ungepflegten Uferabschnitt fühlt sich niemand zuständig, obwohl er Teil der gepflegten kleinen Badewiese ist.
Lothar Staeck
Autor:lothar dr. staeck aus Gatow |
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