Schlaflose Nächte
Ein Kirchenbau mit Herausforderungen
Der theologische Gedanke von Vater, Sohn und Heiligem Geist drückt sich nicht nur im Namen, sondern auch in der Architektur aus: Die evangelische Dreieinigkeitskirche hat drei Spitzen und ist ein echter Blickfang. Am Sonntag, 24. Februar, lädt der Verein Freunde Neuköllns zu einer kostenlosen Führung durch das Gotteshaus an der Lipschitzallee 7 ein.
Der Architekt Reinhold Barwich hat es Ende der Sechzigerjahre entworfen. Damals sei es „ein bisschen gewagt“ gewesen, eine „richtige Kirche“ zu bauen, erinnerte er sich später. Denn zu jener Zeit begannen die christlichen Gemeinschaften, einen starken Schwerpunkt auf ihre soziale Arbeit zu legen – und ließen fast nur noch Gemeindezentren errichten. Als reiner Sakralbau war aber auch die Dreieinigkeitskirche nicht geplant. Nicht zufällig erinnert das Innere mit seinen sechs Emporen an ein Theater, denn hier sollten nicht nur Gottesdienste, sondern ganz unterschiedliche kulturelle Veranstaltungen stattfinden.
Damals unüblich
Die Konstruktion des Gebäudes war herausfordernd: An den drei spitz zulaufenden Außenwänden musste die Stahlnetzkonstruktion des Daches aufgehängt werden. „Es gab kritische Situationen, ich hatte schlaflose Nächte“, notierte Barwich. Auch die ausführende Firma Steffens und Nölle habe kräftig Lehrgeld bezahlt. Einige ihrer Erfahrungen seien aber immerhin wenig später den Planern des Olympiadaches in München zugutegekommen.
Ein weiteres Problem war die Beschaffenheit der Dachhaut. Barwich wollte Kupfer. Das wurde jedoch abgelehnt – zu teuer. Nach langem Hin und Her fiel seine Wahl auf grüne Bitumen-Schindeln. Die waren in den USA gang und gäbe, hierzulande aber noch unüblich. Die Berliner Dachdecker hatten keine Erfahrung mit den Schindeln und scheuten das Risiko. Doch Barwich hatte Glück: „Der Meister der Firma heiratete und machte eine Hochzeitsreise nach Amerika. Als er zurückkehrte, brannte er darauf, mit diesem Material zu arbeiten“, schreibt er.
Ein Haus, das alle einlädt
So konnte die Kirche 1971 eingeweiht werden. Ein Vierteljahrhundert später entstand die Idee zum heutigen „Zentrum Dreieinigkeit“: Die auf dem Gelände ansässige Gemeinde, die Kita und die diakonische Einrichtung wollten enger zusammenarbeiten. Es folgten innenarchitektonische Umbauten, um die Räume gemeinsam nutzen zu können.
Gleichzeitig wurde auch etwas für Menschen mit Behinderung getan: So gibt es Hörschleifen in der Kirche, Informationen in einfacher Sprache oder über Piktogramme, ein barrierefreies Leitsystem und Beschilderungen in Brailleschrift.
Bei der Veranstaltung am 24. Februar können die Besucher darüber und über alle anderen Fragen rund um die Kirche mit Pfarrerin Nora Rämer sprechen. Eine außergewöhnliche Führerin – sie ist blind. Treffpunkt zum rund zweistündigen Rundgang ist um 15 Uhr vor der Kirche. Informationen gibt es unter bertilwewer@gmx.de oder ¿682 78 27.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.