Energetische Sanierung
Deutsche Wohnen macht am Verhandlungstisch zur Gropiusstadt wichtige Zugeständnisse
Die Bewohner an der Johannisthaler Chaussee 360 und 372 leiden unter Lärm und Schmutz: Die Deutsche Wohnen hat angefangen, die Fassade ihrer Häuser zu dämmen – überflüssigerweise, wie etliche meinen. Um die Situation für die Mieter erträglicher zu machen, hat das Bezirksamt mit dem Unternehmen einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgeschlossen und ihm Zugeständnisse abgerungen.
Der erste Punkt, der die rund 200 Mietparteien ärgert: Erst vor knapp 20 Jahren sind die Fassaden energetisch saniert worden. Jetzt droht eine weitere Umlage der Kosten und damit eine kräftige Mieterhöhung.
Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) hat sich die Unterlagen von der Deutschen Wohnen vorlegen lassen. Darin wird aufgeführt, dass die Gebäude keine einheitliche Dämmung haben und Holzwolleplatten aus der Entstehungszeit der Häuser wegen des Brandschutzes ausgetauscht werden müssen. Außerdem gelte es, Beschädigungen an den Klinkerfassaden zu beseitigen, um die Statik nicht zu gefährden.
Interessierte haben das Recht, alle Gutachten dazu einsehen. Das ist einer der Punkte des Vertrages. Kopien oder Fotos lässt das Wohnungsunternehmen allerdings nicht zu. Unterstützung könne sich jedermann bei der unabhängigen und kostenlosen Mieterberatung holen, deren Sprechzeiten ausgehängt sind, so der Stadtrat.
Etliche Verpflichtungen zugesagt
Die energetische Sanierung zu versagen, ist dem Bezirksamt rechtlich nicht möglich. Dass es die Deutsche Wohnen überhaupt an den Verhandlungstisch holen konnte, ist dem Aufstellungsbeschluss für eine Umstrukturierungssatzung in der Gropiusstadt zu verdanken – eine Art Milieuschutz für Großsiedlungen, die der Bezirk Ende 2018 auf den Weg gebracht hat.
Das Unternehmen hat sich zu etlichen Regelungen verpflichtet: Beträgt die Bruttowarmmiete nach der Sanierung voraussichtlich mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommen, kann der Mieter eine soziale Härte geltend machen. Das ist ein bemerkenswerter Erfolg, selbst im Vergleich mit der Regelung bei öffentlichen Wohnungsgesellschaften. Dort liegt die Grenze bei 30 Prozent der Nettokaltmiete. Weitere Vereinbarung: Die Modernisierungsumlage von acht Prozent darf 2,20 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen, die Nettokaltmiete nicht höher als acht Euro sein.
Auch woanders wirksam
Diese Regelungen gelten auch rückwirkend für die Bewohner am Stieglitzweg 6, am Otto-Wels-Ring 57 und an der Severingstraße 1. „Dieser Erfolg freut mich umso mehr, weil die Deutsche Wohnen dazu rechtlich nicht verpflichtet gewesen wäre und der Aufstellungsbeschluss nicht für bereits laufende Modernisierungen greift“, sagt Biedermann.
Außerdem habe die Deutsche Wohnen unter anderem folgenden Punkten zugestimmt: Einhaltung der Mietpreisbremse, Mieterversammlungen nach Bedarf, Informationen über Erreichbarkeit von Ansprechpartnern der Deutsche Wohnen und von Planungsbüros, regelmäßige Sprechstunden in einem Mieterbüro.
Vier bis sechs Wochen vor Baubeginn in einer Wohnung soll zudem eine Begehung mit der ausführenden Firma stattfinden, bei der Fragen der Mieter beantwortet werden. Menschen, die sich von den Arbeiten in den eigenen vier Wänden zu stark belastet fühlen, können in Ausweichquartiere ziehen.
Mieter können Lärm ausweichen
Die Kosten für den Umzug mit den notwendigen persönlichen Gegenständen übernimmt die Deutsche Wohnen. Statt einer Ersatzwohnung kann auch eine Entschädigungspauschale gestellt werden. Der Wunsch einiger Mieter, für die gesamte Zeit der Bauarbeiten in Ausweichquartiere zu ziehen, sei nicht zu erfüllen. „Das ist weder rechtlich durchsetzbar noch objektiv erfüllbar“, so Biedermann. Die Bewohner könnten jedoch auch individuelle Vereinbarungen mit der Deutschen Wohnen abschließen. Dafür werde es Extra-Sprechstunden geben.
"Wir haben viel erreicht. Das hätte es ohne den ganz fix erarbeiteten Aufstellungsbeschluss alles nicht gegeben", sagt Biedermann. Nun würden Bezirksamt und die Mieterberatung die Einhaltung der Regeln in kurzen Zeitabständen überprüfen. Ein erster Termin habe Anfang April stattgefunden. Er appelliert an die betroffenen Mieter, die Beratungen zu nutzen, sich mit ihren Nachbarn auszutauschen und sie auf die ausgehandelten Vereinbarungen hinzuweisen.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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