Energetische Sanierung
Deutsche Wohnen macht am Verhandlungstisch zur Gropiusstadt wichtige Zugeständnisse

Am Vierzehngeschosser Johannisthaler Chaussee 360 (hinten) steht das Gerüst schon, am Gebäude 372 wird mit dem Aufbau begonnen. Die Bewohner rechnen mit anderthalb Jahren Bauzeit. | Foto: Schilp
  • Am Vierzehngeschosser Johannisthaler Chaussee 360 (hinten) steht das Gerüst schon, am Gebäude 372 wird mit dem Aufbau begonnen. Die Bewohner rechnen mit anderthalb Jahren Bauzeit.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Die Bewohner an der Johannisthaler Chaussee 360 und 372 leiden unter Lärm und Schmutz: Die Deutsche Wohnen hat angefangen, die Fassade ihrer Häuser zu dämmen – überflüssigerweise, wie etliche meinen. Um die Situation für die Mieter erträglicher zu machen, hat das Bezirksamt mit dem Unternehmen einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgeschlossen und ihm Zugeständnisse abgerungen.

Der erste Punkt, der die rund 200 Mietparteien ärgert: Erst vor knapp 20 Jahren sind die Fassaden energetisch saniert worden. Jetzt droht eine weitere Umlage der Kosten und damit eine kräftige Mieterhöhung.

Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) hat sich die Unterlagen von der Deutschen Wohnen vorlegen lassen. Darin wird aufgeführt, dass die Gebäude keine einheitliche Dämmung haben und Holzwolleplatten aus der Entstehungszeit der Häuser wegen des Brandschutzes ausgetauscht werden müssen. Außerdem gelte es, Beschädigungen an den Klinkerfassaden zu beseitigen, um die Statik nicht zu gefährden.

Interessierte haben das Recht, alle Gutachten dazu einsehen. Das ist einer der Punkte des Vertrages. Kopien oder Fotos lässt das Wohnungsunternehmen allerdings nicht zu. Unterstützung könne sich jedermann bei der unabhängigen und kostenlosen Mieterberatung holen, deren Sprechzeiten ausgehängt sind, so der Stadtrat.

Etliche Verpflichtungen zugesagt

Die energetische Sanierung zu versagen, ist dem Bezirksamt rechtlich nicht möglich. Dass es die Deutsche Wohnen überhaupt an den Verhandlungstisch holen konnte, ist dem Aufstellungsbeschluss für eine Umstrukturierungssatzung in der Gropiusstadt zu verdanken – eine Art Milieuschutz für Großsiedlungen, die der Bezirk Ende 2018 auf den Weg gebracht hat.

Das Unternehmen hat sich zu etlichen Regelungen verpflichtet: Beträgt die Bruttowarmmiete nach der Sanierung voraussichtlich mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommen, kann der Mieter eine soziale Härte geltend machen. Das ist ein bemerkenswerter Erfolg, selbst im Vergleich mit der Regelung bei öffentlichen Wohnungsgesellschaften. Dort liegt die Grenze bei 30 Prozent der Nettokaltmiete. Weitere Vereinbarung: Die Modernisierungsumlage von acht Prozent darf 2,20 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen, die Nettokaltmiete nicht höher als acht Euro sein.

Auch woanders wirksam

Diese Regelungen gelten auch rückwirkend für die Bewohner am Stieglitzweg 6, am Otto-Wels-Ring 57 und an der Severingstraße 1. „Dieser Erfolg freut mich umso mehr, weil die Deutsche Wohnen dazu rechtlich nicht verpflichtet gewesen wäre und der Aufstellungsbeschluss nicht für bereits laufende Modernisierungen greift“, sagt Biedermann.

Außerdem habe die Deutsche Wohnen unter anderem folgenden Punkten zugestimmt: Einhaltung der Mietpreisbremse, Mieterversammlungen nach Bedarf, Informationen über Erreichbarkeit von Ansprechpartnern der Deutsche Wohnen und von Planungsbüros, regelmäßige Sprechstunden in einem Mieterbüro.

Vier bis sechs Wochen vor Baubeginn in einer Wohnung soll zudem eine Begehung mit der ausführenden Firma stattfinden, bei der Fragen der Mieter beantwortet werden. Menschen, die sich von den Arbeiten in den eigenen vier Wänden zu stark belastet fühlen, können in Ausweichquartiere ziehen.

Mieter können Lärm ausweichen

Die Kosten für den Umzug mit den notwendigen persönlichen Gegenständen übernimmt die Deutsche Wohnen. Statt einer Ersatzwohnung kann auch eine Entschädigungspauschale gestellt werden. Der Wunsch einiger Mieter, für die gesamte Zeit der Bauarbeiten in Ausweichquartiere zu ziehen, sei nicht zu erfüllen. „Das ist weder rechtlich durchsetzbar noch objektiv erfüllbar“, so Biedermann. Die Bewohner könnten jedoch auch individuelle Vereinbarungen mit der Deutschen Wohnen abschließen. Dafür werde es Extra-Sprechstunden geben. 

"Wir haben viel erreicht. Das hätte es ohne den ganz fix erarbeiteten Aufstellungsbeschluss alles nicht gegeben", sagt Biedermann. Nun würden Bezirksamt und die Mieterberatung die Einhaltung der Regeln in kurzen Zeitabständen überprüfen. Ein erster Termin habe Anfang April stattgefunden. Er appelliert an die betroffenen Mieter, die Beratungen zu nutzen, sich mit ihren Nachbarn auszutauschen und sie auf die ausgehandelten Vereinbarungen hinzuweisen.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

29 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.773× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 2.114× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.729× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.639× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.