Das Gasthaus „Zur Palme“ ist weg: Statt Biergarten bald acht Stadtvillen
Schmöckwitz. Das Gasthaus „Zur Palme“ ist Geschichte. Vor einigen Wochen wurde das Haus am Seddinsee abgerissen, inzwischen sind acht Stadtvillen im Bau.
Das Bauschild vermeldet für die Wernsdorfer Straße 25 insgesamt 58 Eigentumswohnungen mit bis zu 200 Quadratmetern Wohnfläche, außerdem Dachterrasse, Tiefgarage sowie Bootsliegeplätze. Wo einst bis zu 600 Besucher im Saal oder bei schönem Wetter 1400 Gäste im Biergarten tranken und speisten, ist bereits das erste von acht Gebäuden im Bau. Damit verschwindet eine der ältesten Ausflugsgaststätten in der Mark Brandenburg. Denn bereits im Landbuch Kaiser Karls IV. wurde 1375 hier am Seddinsee eine „Taberna“ erwähnt.
Um 1889 hatte eine Familie Peter das Grundstück übernommen. Der große Garten hatte Platz für 1400 Gäste. Es gab einen Ruderbootverleih, ein Ausspann für die Kutschpferde der Sommerfrischler, Würfel- und Schießbude sowie eine Kegelbahn. Mit Inbetriebnahme der Grünau-Schmöckwitzer Uferbahn 1912 hatten auch die Berliner einen kurzen Weg zum Gasthaus „Palme“. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das Haus noch einmal eine Blüte als Tanzgaststätte, viele Besucher kamen aus dem nahen Neukölln. Damit war nach dem Mauerbau 1961 Schluss. Im Jahr 1983 verkaufte Familie Peter das Grundstück an das Volkseigene Getränkekombinat. Nach der Wende gehörte es dann dem Braukonzern Brau und Brunnen. Die „Palme“ wurde 1996 geschlossen. Dann gab es Pläne, neue Gebäude mit einer Mischung aus Wohnen und Gastronomie zu errichten. Dazu kam es nicht, der Besitzer einer Bootswerft kaufte das Grundstück und nutzte es als Winterlager für Motorboote.
Im Jahr 2009 hatte der Heimatverein Köpenick der „Palme“ auch einen Teil der Ausstellung zur Köpenicker Gaststättengeschichte gewidmet. Im Archiv des Museums Köpenick finden sich Dokumente und Postkarten, die an das Haus erinnern. In der Tageszeitung „Der Morgen“ vom August 1959 hatte sich zum Beispiel ein Friedrich K. aus Rangsdorf beschwert, dass es in der „Palme“ keine Eierspeisen und andere Gerichte für unter zwei Mark gäbe. Daraufhin teilte der Rat des Stadtbezirks Köpenick der Zeitung mit, dass es dem Ausflugslokal mit bis zu 600 Essen an Sonn- und Feiertagen wegen des Arbeitskräftemangels nicht möglich wäre, in der Hochsaison Eierspeisen zu verabreichen. Auch das ist jetzt Geschichte. RD
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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