Saisonhighlight wegen Corona verpasst
Kanu-Weltmeister Conrad-Robin Scheibner nimmt die nächsten Ziele ins Visier – Heim-WM 2023 und Olympia 2024
Eigentlich wäre Conrad-Robin Scheibner jetzt in Kanada, um dort seine Weltmeister-Titel im Canadier-Einer über 500 und 1000 Meter zu verteidigen. Eine Corona-Erkrankung ausgerechnet wenige Wochen vor dem Saisonhöhepunkt hat dem Kanuten vom SC Berlin-Grünau jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Inzwischen geht es dem 26-Jährigen wieder gut. Nur ein bisschen Müdigkeit und Abgeschlagenheit fühle er noch, sagt er beim Treffen an seiner Trainingsstätte in der Sportpromenade 3. Nach einem „moderaten Krankheitsverlauf“ hätte er bei der WM sogar an den Start gehen können. In Absprache mit seinem Trainer verzichtete er aber lieber darauf. Die Saison ist für ihn damit beendet. „Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie ärgerlich das ist. Mir blutet das Herz, da nicht hinzukönnen“, gibt er zu. Seine Titel in Kanada nicht verteidigen zu können, sei gerade am Anfang schwer zu akzeptieren gewesen. Letztlich könne er aber doch damit leben, denn die wirklich wichtigen Jahre stehen erst noch bevor. 2023 steht die Heim-WM in Duisburg an, 2024 geht es zu den Olympischen Spielen in Paris. Dort will Conrad-Robin Scheibner nach Platz sechs bei seiner Olympia-Premiere 2021 in Tokio unbedingt eine Medaille gewinnen, am liebsten Gold.
Dann hätte er sein großes Ziel erreicht. In der Jugend sei er klein und schmächtig gewesen. Viele hätten ihm eine erfolgreiche Karriere daher nicht zugetraut. „Aus Trotz habe ich damals gesagt: Ich höre erst auf, wenn ich Olympiasieger werde“, blickt er zurück. Seine Titelsammlung liest sich aber auch jetzt schon beeindruckend. Dreimal wurde er Weltmeister (2017 und zweimal 2021), dazwischen viermal Weltmeister in der Altersklasse U23, außerdem 16-mal Deutscher Meister. Nachdem er 2016 zum wiederholten Male bei einem U23-WM-Rennen nur als Vierter über die Ziellinie fuhr, entwickelte er in den Folgejahren einen riesigen Ehrgeiz. Seinem Trainer Lars Kober, der ihn seit 2014 begleitet und der seit dieser Saison auch Bundestrainer ist, habe er die größte Entwicklung zu verdanken, erzählt er.
Das Trainingspensum des gebürtigen Bohnsdorfers ist enorm. An einem normalen Tag sind es vier Trainingseinheiten von einer bis anderthalb Stunden, davon zwei morgens und zwei am Nachmittag. Dazu gehören Paddeln auf dem Wasser, Muskelaufbau im Kraftraum, Laufen für die Kondition und Athletiktraining. Seit dem vergangenen Jahr arbeitet er außerdem mit einem Mentaltrainer zusammen. „Was mich motiviert ist, mich jeden Tag herauszufordern und besser zu werden“, sagt er. An manchen Tagen fällt auch ihm das Training schwer, zum Beispiel bei extremer Hitze, starkem Wind oder Regen. In solchen Situationen sei es hilfreich, ein langfristiges Ziel wie Olympia vor Augen zu haben.
In den Leistungssport sei er mehr oder weniger reingewachsen. Von Anfang an durchgeplant sei das nicht gewesen. Im Alter von acht Jahren fing er beim SC Berlin-Grünau an, nachdem er zuvor schon durch seine acht Jahre ältere Schwester in Kontakt zum Kanurennsport gekommen war. Zu einer ersten Weichenstellung Richtung Sportkarriere kam es, als er sich entschied, nach der Grundschule auf die Flatow-Oberschule in Köpenick zu wechseln. Auf der „Eliteschule des Sports“ schloss er sein Abitur mit Bestnote 1,0 ab. Danach fing er an zu studieren, brach aber sein Medizinstudium an der Charité, danach auch sein Wirtschaftspsychologiestudium an einer Fernhochschule ab, weil die Studien-Modelle nicht gut genug mit seiner sportlichen Karriere zu vereinbaren waren. Der Sport habe immer Vorrang gehabt, erklärt er. Seit September 2021 studiert er nun Life Coaching an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport. Dabei geht es um eine Kombination aus Ernährungs- und Sportwissenschaft, Coaching und Psychologie. Das interessiere ihn sehr, betont Conrad-Robin Scheibner, der seit 2014 als Sportsoldat bei der Bundeswehr angestellt ist, weil er dort die für seine Karriere notwendige finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Sporthilfe erhält.
Sollte Berlin tatsächlich die Olympischen Spiele 2036 ausrichten, könne er sich vorstellen, bis dahin weiterzumachen. Er wäre dann 40 Jahre alt. Nach der aktiven Karriere will er aber mehr Zeit für Hobbys – er schreibt zum Beispiel Gedichte – Familie und Freunde haben. Als Trainer zu arbeiten, spiele in seinen Überlegungen auch eine Rolle. Sein großer Traum ist dann aber erst einmal eine Weltreise, denn als Sportler bekomme er im Ausland oft nur Hotels und Wettkampfstätten zu sehen.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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