Teufelsberg: Aktionsbündnis will Privatiers die Abhörstation wegnehmen lassen
Grunewald. 50 Millionen Euro Kaufpreis für eine Halde aus Kriegsschutt und verfallende Militärgebäude? Dazu sagt kein Politiker ja. So liegt die Rückübertragung des Teufelsbergs in Staatsbesitz in weiter Ferne. Da präsentiert das örtliche Aktionsbündnis einen Plan.
Er ist Sehnsuchtsort für Freunde der urbanen Kunst, Freizeitkulisse für Sportler, junge Touristen und Aussteiger. Und für den neuen Senat gilt der Teufelsberg nun sogar als eine von 13 Berliner Schlüsselstellen mit gesamtstädtischer Bedeutung. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat in dem Zusammenhang angekündigt, das Areal unter Landschaftsschutz zu stellen. Trotzdem liegt ein Rückkauf bei den jetzigen Preisvorstellungen des Eigentümers jenseits des Möglichen.
Kurioser Millionenpoker
Ein kurioser Millionenpoker, meint Hartmut Kenneweg vom Aktionsbündnis Teufelsberg.
„Baurechtlich gesehen handelt es sich um Wald“, erinnert er an die Wertlosigkeit des Grundstücks. Wertlos für Immobilienprojekte wohlgemerkt. Seit 20 Jahren kämpft das Bündnis aus Naturschützern, Anwohnerinitiativen und Vereinen für einen Renaturierung des früheren Militärareals auf dem Gipfel. Nach dem Scheitern aller hochfliegenden Immobilienprojekte soll buchstäblich Gras darüber wachsen. Lediglich ein Turm der Abhörstation, meint das Bündnis, soll stehenbleiben und von der jahrhundertelangen Geschichte dieses Landstrichs erzählen – vom Dauerwald über die Aufschüttung von Kriegsschutt bis zur Spionageeinrichtung der Alliierten und deren Verfall.
Der Wald frisst das Gelände
„Langsam frisst der Wald dieses Gelände. Dem sollte man nachgeben“, meint Kenneweg. Untermauert wird diese Forderung durch die Neuauflage eines Buchs von Mitstreiter Hans-Jürgen Mielke. „Die unendliche Geschichte des Berliner Teufelsbergs“ erzählt auf 80 Seiten mit Worten, Bildern und Skizzen das Scheitern aller Versuche, die Erhebung für alle Berliner zu öffnen. „Aus Liebe zum Grundewald“ hat Mielke, heute 83 Jahre alt, die Fakten zusammengetragen. „Diese Fläche ist der Öffentlichkeit als Freizeitort entzogen. Und das in Zeiten, da Berlin an Dichtestress leidet“, empört sich der Autor.
In der Tat hat die Öffentlichkeit sehr wohl wieder Zutritt zum Teufelsberg – der Eintritt kostet 7 Euro pro Person und landet in den Kassen des Pächters Marvin Schütte, dem Sohn eines Miteigentümers. Schütte will die Station als urbanen Kunstort ausbauen und inszeniert ihn als Erlebnisstätte mit einer stetig wachsenden Streetart-Ausstellung im Zentrum. Bislang machten weder Senat noch Bezirk Anstalten, dieses Projekt auf privatem Grund und Boden zu behindern.
„Die bauen dort wieder“
Statt einer Abtragung der Ruine zuzustimmen, hatte Schütte bei einem Rundgang mit dem damaligen Staatssekretär Tim Renner angekündigt, sie weiter zu befestigen. „Die bauen dort wieder“, ärgert sich Kenneweg.
Und sein Ärger führte zu einem Plan: So will das Bündnis den Senat dazu anhalten, die so genannte nationale Nachhaltigkeitsstrategie geltend zu machen. Sie sieht vor, dass bis zu einer bestimmten Grenze keine unbebaute Fläche mehr versiegelt werden darf. Da Berlin diese Grenze längst erreicht hat, könne der Senat die Bautätigkeiten auf dem Teufelsberg als unzulässige Versiegelung auslegen – und ihre Entsiegelung fordern. Sprich: einen Abbruch. Ob das funktioniert? Hans-Jürgen Mielke hofft es. Seine „unendlichen Geschichte“ soll noch zu Lebzeiten zum Abschluss kommen. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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