Teufelsberg: Aktionsbündnis will Privatiers die Abhörstation wegnehmen lassen

Ein Spielplatz der urbanen Kunstszene: Die Abhörstation auf dem Teufelsberg darf jeder erklimmen, der dem Pächter Eintritt bezahlt. | Foto: Thomas Schubert
2Bilder
  • Ein Spielplatz der urbanen Kunstszene: Die Abhörstation auf dem Teufelsberg darf jeder erklimmen, der dem Pächter Eintritt bezahlt.
  • Foto: Thomas Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Grunewald. 50 Millionen Euro Kaufpreis für eine Halde aus Kriegsschutt und verfallende Militärgebäude? Dazu sagt kein Politiker ja. So liegt die Rückübertragung des Teufelsbergs in Staatsbesitz in weiter Ferne. Da präsentiert das örtliche Aktionsbündnis einen Plan.

Er ist Sehnsuchtsort für Freunde der urbanen Kunst, Freizeitkulisse für Sportler, junge Touristen und Aussteiger. Und für den neuen Senat gilt der Teufelsberg nun sogar als eine von 13 Berliner Schlüsselstellen mit gesamtstädtischer Bedeutung. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat in dem Zusammenhang angekündigt, das Areal unter Landschaftsschutz zu stellen. Trotzdem liegt ein Rückkauf bei den jetzigen Preisvorstellungen des Eigentümers jenseits des Möglichen.

Kurioser Millionenpoker

Ein kurioser Millionenpoker, meint Hartmut Kenneweg vom Aktionsbündnis Teufelsberg.

„Baurechtlich gesehen handelt es sich um Wald“, erinnert er an die Wertlosigkeit des Grundstücks. Wertlos für Immobilienprojekte wohlgemerkt. Seit 20 Jahren kämpft das Bündnis aus Naturschützern, Anwohnerinitiativen und Vereinen für einen Renaturierung des früheren Militärareals auf dem Gipfel. Nach dem Scheitern aller hochfliegenden Immobilienprojekte soll buchstäblich Gras darüber wachsen. Lediglich ein Turm der Abhörstation, meint das Bündnis, soll stehenbleiben und von der jahrhundertelangen Geschichte dieses Landstrichs erzählen – vom Dauerwald über die Aufschüttung von Kriegsschutt bis zur Spionageeinrichtung der Alliierten und deren Verfall.

Der Wald frisst das Gelände

„Langsam frisst der Wald dieses Gelände. Dem sollte man nachgeben“, meint Kenneweg. Untermauert wird diese Forderung durch die Neuauflage eines Buchs von Mitstreiter Hans-Jürgen Mielke. „Die unendliche Geschichte des Berliner Teufelsbergs“ erzählt auf 80 Seiten mit Worten, Bildern und Skizzen das Scheitern aller Versuche, die Erhebung für alle Berliner zu öffnen. „Aus Liebe zum Grundewald“ hat Mielke, heute 83 Jahre alt, die Fakten zusammengetragen. „Diese Fläche ist der Öffentlichkeit als Freizeitort entzogen. Und das in Zeiten, da Berlin an Dichtestress leidet“, empört sich der Autor.

In der Tat hat die Öffentlichkeit sehr wohl wieder Zutritt zum Teufelsberg – der Eintritt kostet 7 Euro pro Person und landet in den Kassen des Pächters Marvin Schütte, dem Sohn eines Miteigentümers. Schütte will die Station als urbanen Kunstort ausbauen und inszeniert ihn als Erlebnisstätte mit einer stetig wachsenden Streetart-Ausstellung im Zentrum. Bislang machten weder Senat noch Bezirk Anstalten, dieses Projekt auf privatem Grund und Boden zu behindern.

„Die bauen dort wieder“

Statt einer Abtragung der Ruine zuzustimmen, hatte Schütte bei einem Rundgang mit dem damaligen Staatssekretär Tim Renner angekündigt, sie weiter zu befestigen. „Die bauen dort wieder“, ärgert sich Kenneweg.

Und sein Ärger führte zu einem Plan: So will das Bündnis den Senat dazu anhalten, die so genannte nationale Nachhaltigkeitsstrategie geltend zu machen. Sie sieht vor, dass bis zu einer bestimmten Grenze keine unbebaute Fläche mehr versiegelt werden darf. Da Berlin diese Grenze längst erreicht hat, könne der Senat die Bautätigkeiten auf dem Teufelsberg als unzulässige Versiegelung auslegen – und ihre Entsiegelung fordern. Sprich: einen Abbruch. Ob das funktioniert? Hans-Jürgen Mielke hofft es. Seine „unendlichen Geschichte“ soll noch zu Lebzeiten zum Abschluss kommen. tsc

„Die unendliche Geschichte des Berliner Teufelsbergs“ von Hans-Jürgen Mielke kostet 10 Euro und ist im Buchhandel zu bestellen unter ISBN 978-3-86460-579-6.
Ein Spielplatz der urbanen Kunstszene: Die Abhörstation auf dem Teufelsberg darf jeder erklimmen, der dem Pächter Eintritt bezahlt. | Foto: Thomas Schubert
Schluss mit dem Schachern: Eckhardt Kuntzsch, Buchautor Hans-Jürgen Mielke und Harmut Kenneweg  vom Aktionsbündnis wollen den Teufelsberg für alle öffnen. | Foto: Thomas Schubert
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 99× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 432× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 403× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 833× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.