Teufelsberg: Bei einer Konferenz sprachen Experten über die Zukunft des Areals
Grunewald. Verkauft für 2,5 Millionen D-Mark, jetzt 50 Millionen Euro teuer: Der Eigentümer des Teufelsbergs will das Land Berlin fürstlich zahlen lassen für die Nutzung einer 120 Meter hohen Erhebung aus Schutt. Gelangt das Gelände je wieder zurück in öffentliche Hand?
Seitdem es den Teufelsberg gibt, taugte er immer schon zur Inspiration für hochfliegende Ideen. Amerikanische Spione lauschten von hier aus in den Ostblock. Nach Beendigung des Kalten Kriegs erwarb ein Investor das Areal mit der Vorstellung, am Gipfel einen Hotel- und Tagungsbetrieb zu errichten. Und als er scheiterte, kam Kultregisseur David Lynch. Gemeinsam mit der Maharishi-Stiftung wollte er hier eine Bildungsstätte für Transzendentale Meditation erbauen – und Menschen dazu bringen, dass sie mit der Kraft ihrer Gedanken fliegen.
Der Berg ist Teil des Waldes
Sehr bodenständig mutete daneben eine aktuelle Diskussion des Aktionsbündnisses Teufelsberg und des Naturschutzzentrums Ökowerk an. Seit dem Platzen der Investorenträume steht inzwischen fest: Auf der Erhebung wird definitiv nichts mehr gebaut – weil ein geänderter Flächennutzungsplan es verbietet. "Der Berg ist Grünfläche und Teil des Berliner Waldes“, erinnerte Hartwig Berger vom Ökowerk an die entscheidende Tatsache. Und da man den Berliner Wald nicht bebauen darf, ist der Berg für Investoren nichts wert. Im krassen Gegensatz dazu steht aber der Kaufpreis: 15 Millionen Euro, zuzüglich 35 Millionen Euro Grundschulden, müsste das Land dem Eigentümer bezahlen, um das Gebiet wieder in öffentlichen Besitz zu bringen.
Fast alle Redner des Abends waren sich einig: Der Berg ist zu teuer für Berlin. Eine solche Wucherofferte solle der Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) nicht belohnen. „Das ist eigentlich öffentliche Fläche – und sie hat im Privateigentum nichts mehr zu suchen“, beschwerte sich der SPD-Angeordnete Daniel Buchholz, der in früheren Jahren auf die Festsetzung als Grünfläche gedrungen hatte. Im Vorfeld der Berlin-Wahl im September bekannte er sich wie alle anderen politischen Gäste an diesem Abend zur Öffnung des Teufelsbergs für jedermann, zum Rückbau der ehemaligen „Field Station“ bis auf deren Turm und zu einer Geschichtspräsentation an diesem Ort – möglicherweise in einem Museum. Eben diese Forderungen hatte ursprünglich das Aktionsbündnis um Hartmut Kenneweg in die Welt gesetzt. „Das Areal muss wieder zugänglich werden. Das ist Konsens“, hielt Kenneweg fest.
Folgenschwerer Fehler
Dass die jetzige Situation beim Verkauf Mitte der 90er nicht bedacht wurde, hält die Grünen-Abgeordnete Nicole Ludwig für einen folgenschweren Fehler. „Es ging darum, schnell die Kasse zu füllen. Aber eine Rückabwicklung des Geschäfts hat man damals nicht geregelt. Das kann man jetzt nicht einfach heilen, indem man es sich wünscht“, bedauert Ludwig. Sie fordert eine Renaturierung, Stätten zur Erinnerung an das Gestern und ein Café für den Zeitvertreib von heute – „auch eine kleine touristische Nutzung wäre akzeptabel.“ Als Vorbild könnten die ebenfalls brachliegenden Beelitzer Heilstätten dienen. Hier entstand mit der Schaffung eines Baumwipfelpfads eine neue Attraktion.
„Der Eigentümer verlangt eine wahnsinnig hohe Summe. Er selbst hat nie etwas gebaut, ist vertragsbrüchig, aber sitzt auf seinem Besitz“, übte Felicitas Karimi von den Linken Kritik am Investor. Man müsse dafür sorgen, dass der Berg kostenlos für ein breite Öffentlichkeit zugänglich wird – derzeit ist der Zugang nur für kleine Besuchergruppen zu bestimmten Veranstaltungen erlaubt. Etliche Gefahrenstellen sorgen dafür, dass man sich nicht frei bewegen darf.
Eigentümer enteignen?
Sollte Berlin unter diesen Bedingungen kaufen? „Wir können als Haushälter selbst entscheiden, wie wichtig uns dieser Berg ist. Und wir haben Haushaltsüberschüsse. Allein der politische Wille fehlt“, äußerte Philipp Magalski von den Piraten Zuversicht. Aus dem Publikum erklang dann ein Vorschlag, der aufhorchen ließ: „Ich würde den Eigentümer enteignen“, rief ein Stadtplaner aus den Reihen der Zuhörer. In der Tat hält auch Daniel Buchholz dies für möglich – allerdings theoretisch und nur als letztes Mittel. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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