Zwischen Geschichte und Gegenwart
Die ehemalige Abhörstation auf dem Teufelsberg ist Berlins berühmtester Lost Place

Die ehemalige Abhörstation der Alliierten auf dem Teufelsberg ist inzwischen eine der größten Streetart-Ausstellungen der Welt.  | Foto:  K. Rabe
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  • Die ehemalige Abhörstation der Alliierten auf dem Teufelsberg ist inzwischen eine der größten Streetart-Ausstellungen der Welt.
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Sogenannte Lost Places sind verlassene und meist verfallene Orte. Die Faszination, die von solchen ungenutzten Einrichtungen ausgeht, lockt immer wieder zu privaten Erkundungstouren. Vor allem von Fotografen und Graffiti-Künstlern werden Lost Places besucht. Das ist nicht immer legal. Der wohl berühmteste Lost Place in Berlin kann hingegen ganz offiziell erkundet werden: der Teufelsberg oder genauer gesagt das Ensemble der früheren Abhörstation, das auf dem rund 120 Meter hohen Trümmerberg im Grunewald thront.

Hier, mitten im Grunewald und hoch über Berlin, hat man bei klarem Wetter nicht nur einen spektakulären Blick über die Stadt. Besucher können auf dem Teufelsberg auch in Kapitel der deutschen Geschichte eintauchen. Die Geschichte dieses Ortes geht bis in die Zeiten des Nationalsozialismus zurück. Hier stand einst die Wehrtechnische Fakultät der Nazis. Das Gebäude wurde nach dem Krieg gesprengt und die Reste mit Trümmern aus dem zerstörten Berlin aufgeschüttet. Insgesamt liegen hier schätzungsweise die Reste von rund 15 000 Gebäuden und bilden nun die höchste Erhebung im Westen der Stadt. Diese „strategisch bedeutsame“ Lage weckte das Interesse der amerikanischen und britischen Alliierten.

Strengste Geheimhaltung

Nach und nach errichteten sie ab 1957 eine Abhörstation. Die „Field Station Berlin“ gehörte zum weltweiten Abhörnetz „Echolon“ und war somit ein wichtiger Bestandteil von Frühwarnanlagen und Horchposten. Auch wenn die Türme und Kuppeln für Radar und Parabolantennen auf der Spitze des Berges weithin sichtbar sind: Was hier im Verborgenen passierte und ausspioniert wurde, unterlag strengster Geheimhaltung.

Heute befindet sich das Gelände der ehemaligen Spionagestation im Privatbesitz der Investorengemeinschaft Teufelsberg Berlin (IGTB). Ursprünglich sollte das Areal mit Luxus-Lofts und einem Hotel bebaut werden. Dagegen lief eine Bürgerinitiative Sturm, der Senat entwidmete die Fläche und das Vorhaben platzte.

Frei auf dem riesigen Gelände bewegen

Jetzt kümmert sich die MSM Management GmbH als Pächter um das Tagesgeschäft. „Wir organisieren und finanzieren Kunstprojekte, halten das Gelände sauber und sorgen für die Sicherheit der Besucher“, erklärt MSM-Geschäftsführer Marvin Schütte und lässt die nächsten Besucher rein. Heute macht er die Kasse. Acht Euro kostet der Eintritt. Dafür können sich die Besucher frei auf dem riesigen Gelände und in den verwaisten Gebäuden bewegen. Vereinzelt weisen Info-Tafeln auf Historisches hin. Das meiste ist der eigenen Fantasie überlassen. Wenn man beispielsweise durch lange, schwach beleuchtete Gänge streift, die riesigen Hallen durchläuft oder natürlich als Höhepunkt auf der großen Aussichtsplattform unter den drei markanten Kuppeln steht, fragt sich der eine oder andere vielleicht, ob die National Security Agency (NSA) wirklich über den Eisernen Vorhang bis nach Moskau lauschen konnte und was genau sie auf diese Weise erfuhr.

Geschichte der Alliierten ausgestellt

Ein bisschen Geschichtsnachhilfe gibt es neuerdings von den Mitgliedern des Vereins "Alliierte in Berlin". In den Räumen des ehemaligen Zentrallagers der Abhörstation haben sie jetzt ein Domizil gefunden, nachdem sie ihre Räumlichkeiten am Flughafen Tegel aufgeben mussten. Jetzt kann der Verein die Fülle von Exponaten und Dokumentationen rund um Mauerbau, Berliner Luftbrücke und Alliierte zeigen. „Wir sind kein Museum“, betont der Vereinsvorsitzende Matthias Hirnigel. „In unseren Vereinsräumen zeigen wir Interessierten aber gern die ganze Bandbreite der Alliierten.“ Ende Oktober werden die Räume dann offiziell für die Öffentlichkeit geöffnet. Zu sehen sind neben einem beachtlichen Fahrzeugpark eine umfangreiche Modellbauausstellung, Uniformen und vieles mehr.

Man kann auf dem Teufelsberg nicht nur in die Geschichte des Kalten Krieges erkunden. Das Gelände ist auch auf dem Weg, die größte Streetart-Ausstellung der Welt zu werden. Künstler aus aller Welt haben sich an den Wänden der Abhörstation bereits verewigt.

"Einfach für sich allein sein –
das macht einen Lost Place doch aus“

Das Gelände und die Gebäude stehen unter Denkmalschutz und sind erst seit Kurzem wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. 2018 musste es aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Dass Besucher wieder auf den Teufelsberg kommen und von der Aussichtsplattform aus den Blick über Berlin genießen können, ist dem Engagement der MSM zu verdanken. „Wir haben Gelände und Gebäude gesichert. Jeder kann sich jetzt frei und dennoch sicher bewegen“, sagt Marvin Schütte. Wer mag, könne sich hier durchaus auch zurückziehen. „Hängematte, Bierchen und ein Buch lesen. Einfach für sich allein sein – das macht einen Lost Place doch aus“, findet Schütte.

Ob nun die Relikte des Kalten Krieges erkunden, Kunst genießen oder sich einfach zurückziehen – der Teufelsberg ist für jeden offen und kann täglich ab 11 Uhr bis eine Stunde vor Sonnenuntergang besucht werden. Informationen auf www.teufelsberg-berlin.de.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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