Ein Forst zum Vorzeigen: Grunewald gewinnt Titel "Waldgebiet des Jahres 2015"
Er umfängt uns mit zartem Grün, er kühlt die Stadt bei sommerlicher Glut. Im Herbst, da schenkt er uns mit seinem gilbenden Blattwerk magische Moment. Und im Winter stiftet er eine frostig-friedliche Stille: der Grunewald. Vom ersten Schössling an etwas Besonderes - jetzt ist er auch preisgekrönt als "Waldgebiet des Jahres 2015". Auch ohne die Kriterien zu kennen, verstehen die meisten Berliner, warum das so ist.
Und wer doch noch Fragen hat: Der Bund Deutscher Forstleute als Titelstifter kann die Güte des wohl bekanntesten Berliner Reviers genau belegen. "Nachhaltigkeit ist ja neuerdings modern", sagt der BDF-Bundesvorsitzende Hans Jacobs. "Bei uns gilt das seit 300 Jahren." Nachhaltig wirtschaften also, das ist der Hauptgrundsatz für einen vorbildlichen Forst. Und das beinhaltet auch, von der Monokultur der Kiefern wegzukommen, hin zu einem Laubmischwald, der dem Boden und Grundwasser zu höherer Qualität verhilft. Dass dafür Kiefern gefällt werden, mag Anwohner ärgern. Doch langfristig bringt der Waldumbau mit höherem Anteil von Eichen einen gesunden, ausgewogenen Grunewald hervor, wie es ihn seit der Abholzung nach dem Krieg nicht mehr gab.
Aber auf welche Weise kam Berlin eigentlich zu solch einem stattlichen Wald? Man schrieb das Jahr 1889, da stand die Stadt vor Herausforderungen, wie sie Senator Andreas Geisel (SPD) heute wieder sieht. "Auch damals explodierte Berlin bevölkerungsmäßig", vergleicht Geisel. Und damals regierte der Staat mit dem Ankauf von Waldgebieten, um Ausgleich zu schaffen für immer dichtere Blockbebauung. Der Grunewald - ein weitsichtiger Forst, "ein Wald für Menschen". Gestern, heute und morgen.
Welche europäische Großstadt hat das schon? Einen Citybezirk wie Charlottenburg-Wilmersdorf, in dem zwischen Prachtboulevard und Wildschweinsuhle zehn Minuten liegen. "Wir haben einen höheren Anteil an Wald als an Wohngebieten", nennt Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) den verblüffenden Fakt. Und der Politik ist das noch nicht genug. Zuletzt habe man durch Renaturierung eines Polizeigeländes in Ruhleben das Verhältnis weiter verbessert.
Von 100 Millionen Besuchen pro Jahr spricht die Statistik - Zahlen wie im New Yorker Central Park. Und wenn heute auf jeden Hektar Wald 120 Menschen kommen, dürften es nach Prognosen bald 135 sein. Bei so viel Liebe zum Holz verwundert es nicht, dass auch die alten Konflikte eher schärfer als schwächer werden. Wie können sich Menschen mit Abneigung gegen Hunde und deren Besitzer arrangieren? Letztere erlitten kürzlich einen aus ihrer Sicht herben Rückschlag, als das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf das beliebte Nordufer des Schlachtensees zur schnüffelfreien Zone erklärte. Doch den Titel des größten Hundeauslaufgebiets Europas oberhalb des Hangs ficht das kaum an.
Groß, grün und so gesund wie lange nicht. Dem Grunewald stehen seine besten Jahre wohl erst noch bevor. Nur in einem Punkt sehen die Forstleute eine Fehlentwicklung: Ihre eigenen Reihen, das betont der Landesvorsitzende Uwe Engelmann, lichten sich. Und so lautet die Bitte an die Politik: nicht weiter bei den Förstern sparen. Nur dann bleibt der Wald so preiswürdig wie er ist.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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