Der Verein "Berliner Teufelsberg" feiert sein Debüt
Immer wenn Martin Schaffert dem Ruf des Bergs folgt, mit Besuchergruppen hochmarschiert zu den zerfledderten Domen des alten Horchpostens, wandelt er buchstäblich auf Geschichte. "Hier lagern 200 Jahre Historie", weiß der junge Experte. Ganz unten der Schutt des alten Berlins, den die Nazis abluden. Darüber die Trümmer der Bombennächte. Ganz oben die verlassene amerikanische Abhörstation, ein Relikt des Kalten Kriegs. Schaffert kennt die Vergangenheit des Teufelsbergs - und läutet die Zukunft ein. Er ist eines von 26 Gründungsmitglieder des neuen Vereins, der diesen Ort beleben möchte. Die Morgenröte nach dem Dornröschenschlaf?
Sarah Wiesner sieht es so. "Hier herrscht eine besondere Atmosphäre", schwärmt die Vorsitzende des Vereins, dem auch der Pächter des Areals angehört. Wiesner trägt als Landschaftsarchitektin ihr Fachwissen hinauf zum höchsten Punkt Berlins. "Es ist interessant, neue Orte zu schaffen", sagt sie. "Aber noch interessanter, an Orten wie diesem etwas Neues zu entwickeln." Den Tag des offenen Denkmals hat Wiesner schon organisiert, auch Silvester auf dem Berg verbracht.
Nun führt sie Regie im Verein, der in diesen Tagen als "Berliner Teufelsberg" im Register erscheinen wird. Eine Schaltstelle zwischen den Interessen von Besitzern, Bürgern und Politik, als solche will sich die Gruppe verstanden wissen. Hervorgegangen ist sie aus einer Initiative, die den Ort seit 2011 kulturell bespielt. Reichlich Arbeit liegt vor den Akteuren. Denn es gibt weder fließend Wasser noch Strom, und eine Beschränkung des Zugangs auf weniger als 200 Besucher macht Großveranstaltungen schwierig.
In einer Untergruppe des Vereins agieren die Künstler, eine andere sorgt sich um den Naturschutz und eine dritte verfolgt technische Interessen: Studenten der TU Berlin erproben eine Richtfunkstrecke zwischen dem Ernst-Reuter-Platz und der Abhörstation. "Sie haben von dort sogar Kontakt zu einem Funker in Litauen hergestellt", erzählt Schaffert.
Der Schlüssel zur sinnvollen Nutzung, das glaubt Rotraud von der Heide, ist die Kunst. Seit 1990 konzipiert die Charlottenburgerin auf dem Teufelsberg kreative Aktionen. Ein Jahr nach dem Mauerbau war sie nach Berlin gekommen, erlebte selbst, wie die Amerikaner die Station erbauten. "Man hatte immer Herzklopfen", beschreibt sie die mysteriöse Atmosphäre.
Jetzt bietet das Areal ein Fundament für ihre Konzepte. "Ich will den Teufelsberg als neuen Kunstort in der Stadt etablieren", sagt von der Heide. Performance- und Multimediaprojekte sollen ein professionelles Niveau erreichen. Immer wenn sich in Berlin ein besonderes Ereignis aufdrängt, soll es unter den Domen der Station einen Beitrag geben. "Der Berg hat seinen eigenen Willen", glaubt von der Heide, "Er bestimmt, was mit ihm geschieht." Es bleibt abzuwarten, welches Konzept er auf seinem Rücken erlaubt.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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