Rumänisches Zeltlager soll weg: 40 Personen campierten vier Monate auf einer Brache
Halensee. Sie kamen, um in Deutschland Arbeit zu finden. Dann landeten die Osteuropäer in der Obdachlosigkeit und überwinterten in einer Zeltstadt zwischen Heilbronner Straße und Bahndamm. Nun steht das Camp kurz vor der Räumung.
„Wo schlafen, wo schlafen?“ Der Mann namens John beginnt zu gestikulieren, formt mit beiden Händen ein symbolisches Kissen und legt seinen Kopf auf den Rücken der oberen. John lebt als einer von rund 40 Bewohnern einer Zeltstadt seit Ende 2015 im Nirgendwo. Als einziger spricht er ein wenig Deutsch und gibt der Verzweiflung Ausdruck, am Bahndamm kurz vor einem Discountmarkt an der Heilbronner Straße gestrandet zu sein. „Wir wollten doch Arbeit“, nennt er den Grund, weshalb die Männer und Frauen Rumänien verließen. Und die Familien, die sie nach erfolgreichem Fußfassen herbeiholen wollten.
Kein Klo, kein fließend Wasser
Jetzt sieht es so aus, als würde zumindest das Dasein in der behelfsmäßigen Zeltstadt ohne fließend Wasser und Toilette bald enden. Denn die Duldung auf dem leeren Baugrundstück, das einem privaten Eigentümer gehört, lief in dem Moment aus, da eine größere Öffentlichkeit von den Zuständen erfuhr. „Ein guter Mann“ – so nennt John den Grundstückseigentümer, der das Campieren vorübergehend erlaubte. „Warum kommen nicht andere mächtige Männer, um uns zu helfen?“
Von Seiten des Bezirksamts jedenfalls hieß es bislang, dass die Nutzung des privaten Grunds kein Einschreiten des Ordnungsamts nach sich ziehen kann. Schließlich drängten die Stadträte Marc Schulte (SPD) und Carsten Engelmann (CDU) aber offenbar auf eine humanere Lösung. Und tatsächlich winken einige Männer bereits mit Bescheinigungen, die ihnen einen Umzug in eine Obdachloseneinrichtung mit festem Dach ermöglichen. Den übrigen Zeltstadt-Bewohnern soll es nicht anders ergehen. Engelmann betont, dass man keine Vertreibung will und setzt darauf, dass die Rumänen das Angebot zur Einquartierung in Notunterkünften annehmen.
Wer mit den Nachbarn an der Heilbronner Straße spricht, wird eher Mitgefühl als Ablehnung bemerken. „Mich haben sie eigentlich nicht gestört“, erklärt ein älterer Herr. Einzig die Tatsache, dass man eine Kuhle neben der Zeltstadt als Toilette nutzt – sie ist sogar mit einem WC-Schild ausgewiesen –, sorgt für Unbehagen. John und seine Mitbewohner würden ihr Geschäft gerne in eine Kloschüssel verrichten, lieber heute als morgen. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.