Gemeinde Tiergarten stimmt Nutzung der Heilandskirche durch LAGeSo für zwei Jahre zu
Moabit. Die Heilandskirche soll ein zusätzlicher Standort für die Flüchtlingserstregistrierung werden. Auf der Suche nach Ausweichstandorten für das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) hat das Land Berlin bei der evangelischen Landeskirche nachgefragt.
Bischof Markus Dröge regte eine Prüfung der Heilandskirche an der Thusnelda-Allee an. Am 6. Januar fand eine erste Besichtigung statt. Vier Tage später erklärte der Rat der nach Fusion mehrerer Kirchengemeinden neu gebildeten Kirchengemeinde Tiergarten seine Bereitschaft, die Heilandskirche dem LAGeSo für zwei Jahre zu überlassen.
Allerdings stellt der Gemeindekirchenrat (GKR) Bedingungen. Das Land Berlin muss ein Nutzungskonzept vorlegen, das die Wartesituation der Flüchtlinge tatsächlich verbessert, eine „angemessene Miete zahlen“ und die Betriebskosten für die Heilandskirche übernehmen. Das Diakonische Werk soll die Flüchtlinge im künftigen Wartebereich betreuen. Das „Spätcafé“ für Obdachlose soll bestehen bleiben und darf in seiner Arbeit nicht beeinträchtigt werden.
„Die Gemeinde sieht sich gemäß ihres christlichen Auftrags dazu verpflichtet, das ihr Mögliche zu tun, um die Not der vor dem Landesamt wartenden Flüchtlinge zu lindern“, hat unter anderem der GKR-Vorsitzende Fabian Eidtner aus dem Vorstand erklärt.
Situation könnte kippen
Die Moabiter Bundesverdienstkreuzträgerin Jutta Schauer-Oldenburg (Grüne) schlägt hingegen Alarm. Moabit habe ein sehr gutes Verhältnis zu Flüchtlingen, so Jutta Schauer-Oldenburg. Doch die Bereitstellung der Kirche werde die Situation „kippen“. „Islamisierung“ und „Rettung des christlichen Abendlandes“ würden Parolen sein. Die Grüne verweist auf freie Räume auf dem LAGeSo-Gelände wie das ehemalige Küchengebäude. Angeblich würde es nicht genutzt, weil keine sanitären Anlagen und zu wenig Steckdosen vorhanden seien. Jutta Schauer-Oldenburg: „Die Kirche hat nur eine Toilette und keine Wasseranschlüsse. Aber es sollen Dixiklos vor der Kirche aufgestellt werden.“
Tilo Siewer, Vorsitzender des Integrationsausschusses in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), pflichtet seiner Parteifreundin bei: „Die Kirche zeitweise als Gebetsraum oder Notunterkunft zur Verfügung zu stellen, wäre eine wunderbare Geste der Kirchengemeinde. Sie aber als Registrierungsstelle vorzusehen, zeigt auf skandalöse Weise, dass noch nicht einmal alle ungenutzten Gebäude auf dem Gelände des LAGeSo geprüft wurden.“ Und Siewer weiter: „Das dortige Küchengebäude zu entrümpeln und zu ertüchtigen wäre sinnvoller, als die Kirchengemeinde in unnötiger Dramatik aufzufordern, ihren Gebetsraum umzubauen und für Verwaltungsaufgaben zur Verfügung zu stellen. Dafür dann doch lieber die heiligen Hallen der Senatskanzlei.“
"Riesiges, großzügiges Angebot"
Der Moabiter SPD-Chef und Bezirksverordnete Thorsten Lüthke mahnt bei dem Thema hingegen zu Besonnenheit. Schließlich habe der Gemeindekirchenrat mit sehr großer Mehrheit zugestimmt, so Lühtke nach einem Telefonat mit dem Superintendenten des Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte, Bertold Höcker. Lühtke hofft, dass das LAGeSo seine Arbeit in der Heilandskirche so bald wie möglich beginnen kann. „Es ist ein riesiges, großzügiges Angebot der Kirche.“
„Dass die Kirche nun nicht mehr für Gottesdienste zur Verfügung steht, möchte ich nicht bewerten“, sagt Thorsten Reschke. Das stehe auch nur in der Verantwortung der Gemeinde, so der CDU-Fraktionschef in der BVV. Reschke konnte bisher nicht herausfinden, für welche „Verwaltungstätigkeiten“ konkret die Heilandskirche zur Verfügung gestellt wird. Der CDU-Politiker geht jedoch davon aus, dass die Verantwortlichen im LAGeSo muslimische Asylsuchende nicht zwingen wollen oder können, in einer Kirche Leistungen zu beantragen oder zu empfangen. Thorsten Reschke hofft, dass die Überlassung der Kirche zu einer Entlastung der LAGesS
„Die Heilandskirche wird auch weiterhin Kirche bleiben“, betont Heike Krohn, Pressesprecherin der evangelischen Landeskirche, auch im Namen der Moabiter Gemeinde und der Superintedentur. Jede Kirchengemeinde sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und entscheide somit selbst über die Nutzung ihrer Gebäude, so Krohn weiter. Das sei auch der Fall bei dieser Anfrage des Landes Berlin an die Gemeinde Tiergarten.
Mit Gemeinde beraten
Bis Ende Januar wollte das Land Berlin die Brauchbarkeit der Heilandskirche als LAGeSo-Außenstelle prüfen und ein Nutzungskonzept erarbeiten. Wird das Konzept von Kirchenseite akzeptiert, folgen konkrete Verhandlungen. Als Termin für eine Inbetriebnahme der Außenstelle in der Heilandskirche steht der 1. März im Raum.
Gottesdienste und alle anderen Veranstaltungen in der Heilandskirche finden anderweitig im Kirchensprengel statt. Die Kirchengemeinde Tiergarten will am 21. Februar im Anschluss an den Gottesdienst die Gemeinde informieren und gemeinsam weiter beraten. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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