Mittes Baustadtrat Carsten Spallek über das Lust und Frust des politischen Amts
Mitte. Die Berlinwahlen finden zwar erst in einem Jahr statt. Für Politiker wie Carsten Spallek (CDU) ist der Termin aber schon ganz nahe gerückt. Im Gespräch mit Berliner-Woche-Reporterin Karen Eva Noetzel spricht Mittes Baustadtrat über die Lust am Amt, Wahlchancen und über Segen und Fluch der Bürgerbeteiligung.
Sie sind seit 1995 in der Kommunalpolitik. Haben Sie noch Spaß daran?
Carsten Spallek: Grundsätzlich ja, aber nicht 24 Stunden am Tag und leider viel zu selten, dafür gibt es mittlerweile zu viele Probleme. Aber ich habe immer wieder mal Erfolgserlebnisse. Und ich arbeite daran, dass das häufiger geschieht.
War die Umgestaltung des Kleinen Tiergartens und des Ottoparks ein Erfolg?
Carsten Spallek: Da scheiden sich die Geister. Ich glaube in der Tat, dass sie ein Erfolg ist. Der Park wird entgegen der Behauptung einiger eben doch von vielen genutzt, insbesondere von Menschen, die vorher dort nicht so häufig zu sehen waren: Eltern mit Kinderwagen, Kinder, die auf den Sitzkieseln rumhopsen, oder Touristen, die auf den Steinen in der Sonne brutzeln. Der Zustand des Parks bis vor fünf Jahren hatte nur noch wenig mit dem ursprünglichen historischen Entwurf zu tun, der etwas Dezentes und Lichtes mit Sichtachsen vorsah. Es handelt sich ja um ein Gartendenkmal.
Wie haben Bürger auf ihre fachlichen Argumente reagiert?
Carsten Spallek: Mir ganz persönlich ist einmal in einer Veranstaltung vorgeworfen worden, ich sei ein „Mörder“. Wie ich mir anmaßen könne, mich über Gott zu stellen, weil ich hier Lebewesen töte. Denn auch Büsche, Sträucher und Bäume seien Lebewesen. Das sind schon heftige Vorwürfe. Doch es gibt eben nicht nur die eine Meinung. Eine Mehrheit ist zufrieden, weil sie verstanden hat, dass es hier darum gegangen ist, mehr Aufenthaltsqualität für alle zu schaffen.
Stößt Bürgerbeteiligung irgendwann an Grenzen?
Carsten Spallek: Sie werden nie erreichen, dass jeder zu 100 Prozent zufrieden ist. Das, was wir tun können ist, so transparent wie möglich zu sein und so intensiv zu informieren, wie es geht, und damit für unsere Position zu werben.
Beim Thema Bachstraße ist das doch gelungen.
Carsten Spallek: Zu meiner Überraschung und Freude, ja. Obwohl es noch immer einige wenige Kritiker gibt. Das kommt in Berlin nicht häufig vor, in Mitte schon gar nicht. Vielleicht auch wegen des Workshopverfahrens, bei dem Eigentümer, Anwohner, Bürgerverein und Verwaltung an einem Tisch saßen.
Berlin wächst, Mitte wächst. Welche Herausforderung ist das für Ihr Stadtentwicklungsressort?
Carsten Spallek: Ich muss unter anderem Möglichkeiten für Wohnungsneubau schaffen, gerade im Bereich des „bezahlbaren Wohnens“, aber auch im Segment für Eigentumswohnungen mit Quadratmeterpreisen im gehobenen Niveau, was per se als Gentrifizierung bezeichnet wird. Meine These: Neubau hilft grundsätzlich, den Druck von Bestandsmieten und -mietern zu nehmen. Mit Neubau werden neue Angeboten geschaffen. Zuzügler, gerade die, die sich auch höhere Wohnkosten leisten können, müssen dann kein Auge auf Bestandswohnungen werfen. Die angestammte Bevölkerung kann in ihrer alten Wohnung bleiben.
Also muss man bauen, beispielsweise in der Bremer Straße 10?
Carsten Spallek: Mir ist der Vorwurf gemacht worden, ich wolle die Jugendverkehrsschule schließen, um dort Wohnungen zu bauen. Das stimmt so gar nicht. Nachdem wir Kenntnis davon erhalten haben, dass das Schulamt plant, die Jugendverkehrsschule zu schließen, haben wir uns im Stadtplanungsamt Gedanken gemacht, was wir uns als Bezirk auf diesem bezirklichen Grundstück vorstellen könnten. Ich möchte agieren, nicht reagieren. Wir sollten eigene Wünsche und Ideen formulieren und Nutzungsvorstellungen entwickeln: etwa generationenübergreifendes, sozial orientiertes Wohnen.
Ist die berühmte „Berliner Mischung“ zu halten?
Carsten Spallek: Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass es ein berechtigter Anspruch an die Politik ist, es zumindest zu versuchen. Die Berliner Mischung zu erhalten, macht das Leben in der Stadt liebenswert. Ich wünsche mir keine Wohlstandsghettos.
Es wird kolportiert, das Straßen- und Grünflächenamt sei pleite. Ist dem so?
Carsten Spallek: Nein, das Grünflächenamt ist nicht pleite. Wir haben bloß für dieses Jahr fast kein Geld mehr.
Wie viel sind denn für 2015 noch in der Kasse?
Carsten Spallek: 60.000 Euro. Es überrascht nicht, dass das Geld alle ist, sondern der Zeitpunkt. Wir haben schon vor Monaten gesagt, dass es nicht reichen wird. Daher können wir jetzt nur noch Pflichtaufgaben erfüllen, beispielsweise Löcher im Bürgersteig flicken. Wir haben aber nicht mehr das Geld, unsere Grünanlagen flächendeckend, über einen Standard hinaus, der übrigens immer weiter absinkt, zu pflegen.
Wer greift Ihnen unter die Arme?
Carsten Spallek: Wir haben beim Finanzstadtrat und Bezirksbürgermeister den Antrag auf überplanmäßige Ausgaben gestellt. Wir müssen für jeden Einzelfall erläutern, warum wir jetzt noch einmal ein paar Tausend Euro für dies und jenes brauchen.
Ist die Aktion „Die Toten kommen“ auf dem Rasen vor dem Reichstag schuld daran, dass das Grünflächenamt leere Kassen hat?
Carsten Spallek: Nein, aber sie hat uns geschätzte Mehrkosten zwischen 10.000 und 15.000 Euro verursacht. Der Rasen war fertig. Wir hatten ihn gerade zuvor mit finanzieller Unterstützung des Bundestages für rund 45.000 Euro hergerichtet.
Sehen Sie eine Chance, dass der Bezirk Schadensersatzforderungen geltend machen kann?
Carsten Spallek: Die Polizei muss beweisen, dass Ernst Kasupke, Ali Özgür oder Jelena Jelontevna oder wer auch immer es war, der das Loch gegraben und den Schaden verursacht hat, den zu beheben 106,80 Euro gekostet hat. Wir werden wohl auf den Kosten sitzen bleiben.
Soviel zu Frust und Lust am Amt. Werden Sie wieder CDU-Spitzenkandidat für Mitte?
Carsten Spallek: Darüber wird die CDU Mitte im Herbst dieses Jahres abstimmen.
Keine Ambitionen auf das Abgeordnetenhaus?
Carsten Spallek: Nein, ich fühle mich in der Kommunalpolitik wohl. Hier kann ich direkt etwas bewirken.
Und auf den Posten des Bezirksbürgermeisters?
Carsten Spallek: Es ist etwas ganz Besonderes, in dem Bezirk, in dem man geboren und aufgewachsen ist, an einer solchen Stelle Verantwortung zu übernehmen. Es ist aber auch ein unheimlich schwerer Job. Die CDU ist auf ein gutes Wahlergebnis angewiesen. Dafür arbeiten ich und die Union in letzten Jahren, wie ich denke, recht erfolgreich. Wir haben eine Menge bewirkt in den letzten vier Jahren. Zum Beispiel steht der Bezirk an der Spitze der Baugenehmigungen. Das kommt nicht von ungefähr.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.