Hansaviertel. Die St. Ansgar-Kirche am Hansaplatz braucht dringend eine Sanierung. Zwar sieht man ihr die Probleme kaum an. Damit die Betonglaswand zur Altonaer Straße hin auch in Zukunft noch hält, muss aber bald was geschehen.
"Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem der Stahl korrosionsbereit vorliegt", beschreibt Andras Potthoff etwas umständlich die Situation der Kirche am Hansaplatz. Mit seinem Moabiter Büro asd hat er das Gebäude, das für die Internationale Bauausstellung 1957 nach Plänen des Architekten Willy Kreuer errichtet worden war, in den vergangenen Wochen untersucht. Das Problem: Der Beton an den Stützen der Hauptfassade ist zu dünn, um die darin liegenden Stahlträger vor Feuchtigkeit zu schützen. Das Wasser dringt ins Material ein, Betonteile platzen ab, die Korrosion des Stahls beschleunigt sich immer weiter. Dieser Effekt hatte 1980 beispielsweise zum Einsturz des Dachs am heutigen Haus der Kulturen der Welt geführt. An der Ansgar-Kirche sei der Effekt "noch nicht so schlimm", sagt der Architekt. "Aber es ist trotzdem höchste Eisenbahn."Die Technische Universität Berlin hat Mitte Dezember mit dem Architekturbüro zu einem Infonachmittag zur Kirche und die geplante Sanierung eingeladen. Dabei unterstrich Kerstin Wittmann-Englert, Professorin für Architekturgeschichte an der TU, die Bedeutung des Baus. Die Kirche sei in den 50er-Jahren innovativ gewesen - in architektonischer wie auch in bautechnischer Hinsicht. "Das besondere an St. Ansgar ist eindeutig der Grundriss", so die Wissenschaftlerin. Er geht zurück auf die Form der Parabel, in dessen Scheitelpunkt sich der Altar befindet. Im weiteren Verlauf öffnen sich die Wände in Richtung Hansaplatz. Der Bau wird zum Hansaviertel hin durch die Betonglaswand begrenzt, die dem Raum ihren transparent-dynamischen Charakter verleiht. "Für die Inszenierung des Raums ist das Tageslicht besonders wichtig", so Wittmann-Englert. Während die Sonne durch die Glaswand im Westen ganz direkt in den Kirchenraum scheinen kann, wird der Altarbereich zusätzlich durch indirekt von der Decke herabfallendes Licht hervorgehoben. "Die Architektur führt den Blick zum Altar", resümiert die Professorin. Kreuer habe mit seinen Plänen einen Bau geschaffen, der auf die tradierten Zeichensysteme des Kirchenbaus verzichte, und damit die Frage nach einer zeitgemäßen Kirche in der Gesellschaft der Nachkriegszeit beantwortet.
Architekt Andreas Potthoff will den Bau jetzt für die Zukunft sichern. Dafür sei sein Büro momentan noch mit der technischen Untersuchung des Gebäudes beschäftigt. "Wenn alles gut läuft, können wir im Laufe der kommenden zwei Jahre anfangen."
Ralf Liptau / flip
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