Als Tram und Lazarett verschwanden: Kalender aus Jürgen Grothes Archiv
Die Dorotheenstädtische Buchhandlung hat auch in diesem Jahr die „Spandauer Impressionen 2018“ herausgegeben mit Fotos aus dem Archiv von Jürgen Grothe aus den 1960er und 1970er Jahren.
Für den aktuellen Spandau-Kalender hat Jürgen Grothe, langjähriger Leiter des Archivs der Landesbildstelle und ausgewiesener Spandau-Kenner, den Schwerpunkt Straßenbahn gewählt. Das liegt am 50-jährigen „Jubiläum“ der letzten Straßenbahnfahrt in Spandau, aber auch daran, dass die Straßenbahn immer wieder nachgefragt wird. „Straßenbahn“ muss immer sein, beschreibt Raja Rimpel von der Dorotheenstädtischen Buchhandlung die Wünsche ihrer Kunden nach historischen Fotos aus der Zitadellenstadt.
Also gibt es dieses Mal großformatige Aufnahmen des Spandauer Pflasters mit Straßenbahnschienen, die über die Charlottenbrücke führen oder über den Marktplatz in der Altstadt. Auch die Endschleife der Straßenbahn in Hakenfelde darf nicht fehlen.
Bis 1977 Garnisonslazarett
Auf den insgesamt 14 großformatigen Fotos wird aber auch an anderes erinnert, das nicht mehr existiert. So stand mit der Adresse Am Lindenufer 2 (nahe des heutigen Mahnmals für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung) bis 1977 ein Garnisonslazarett, errichtet in den Jahren 1851 bis 1853. Die preußischen Militärarchitekten konnten dabei ihr Vorbild Karl-Friedrich Schinkel nicht leugnen. Seit 1886 wurde es als Kaserne genutzt und 1920 für Wohnzwecke umgebaut. Auch Arbeits- und Sozialamt waren zeitweise hier untergebracht.
Gefährdet oder nicht?
Sein Abriss war der autogerechten Stadt geschuldet. Auf dem Gelände wurde dann ein Parkplatz geschaffen. Grothe hatte damals eine Bürgerinitiative zum Erhalt gegründet. „Damals wurde uns gesagt, dass das Gebäude nicht mehr standsicher war“, erinnert er sich. Dabei hatten Bauexperten in den 1950er Jahren im Gebäude sogenannte Stempel angebracht. Das sind Auftragungen aus Gips, die statische Probleme durch Risse anzeigen. Diese Prüfungen hatten keine Hinweise auf Gefährdungen erbracht.
Für viele Spandauer lebensnotwenig war „Lumpen-Balzer“ am Lindenufer 36, ein so genanntes Rohprodukte-Geschäft, das seinen Kunden Buntmetall, Altpapier oder eben Lumpen abkaufte, und so knappe Familien-Budgets aufbesserte. 1969 fotografierte Grothe auch die Regina-Lichtspiele an der Pichelsdorfer Straße, die am 3. Februar desselben Jahres geschlossen wurden. Immerhin hatte das Kino knappe elf Jahre durchgehalten. Die daneben befindliche Markthalle lief nach Grothes Erinnerung nie besonders gut.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.