Arbeiten von Yongbo Zhao auf der Zitadelle
Der 49-kährige Yongbo Zhao hat jedenfalls eine Vorliebe für drastische Motive. Für einen Teil der Bilder in einem separaten Raum empfiehlt das Kunstamt wegen sexueller Drastik den Besuch erst ab 16 Jahren. Dabei ist der in der Mandschurei geborene Yongbo Zhao keineswegs ein Prediger der Hässlichkeit. Er kennt sich aus in der Kunstgeschichte seiner Heimat, aber auch der Europas. Als er 1991 mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Europa kommt, unterbricht er, der zuvor schon Ölmalerei und Kunstgeschichte lehrte, sein eigenes künstlerisches Schaffen für vier Jahre. Vor allem die alten europäischen Meister, in China meist nur in schlechten Reproduktionen bekannt, machen ihn als Bilderfinder sprachlos. Doch dann eignet er sich die Arbeitsweisen seiner Vorgänger aus der Renaissance bis hin zu den Präraffaeliten auf seine eigene Weise an.
Die Bilder werden zu Großformaten, auch weil die Wesen, die Yongbo Zhao auf ihnen unterbringt, Platz erfordern. Riesen-Kröten sind ein bevorzugtes Motiv, aber auch Vögel, deren Köpfe monsterhaft und doch schrecklich wirken. Menschen macht der Künstler schon mal im Wortsinn zum Affen, zum Beispiel, wenn er das Oktoberfest als "bayerische Leidenschaft" darstellt - und dort eine Gesellschaft von Affen in Dirndl und Lederhose feiert. Der zurückgetretene Papst Benedikt wird von Furien heimgesucht, Chinas früherer Diktator Mao wirkt wie ein Schlachter.
Angesichts der drastischen Größe lohnt aber der Blick auf Kleines. Da wird schon mal ein Riesentier mit einer Nadel in Gefahr gebracht, und winzige Lebewesen bedrohen ein Ungeheuer. Yongbo Zhao sieht seine Arbeiten gleichermaßen als Kritik an Kapitalismus wie Kommunismus, aber vielleicht ist er auch nur ein Erforscher von Albträumen.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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