Vom Album bis zum Audioguide
Thomas Glor und Peer Triebler verhelfen Musikern zum perfekten Klang
Aus einem Karton zieht Thomas Glor einen Stapel CDs und schwelgt in Erinnerungen. Die Cover zeigen Musiker aus Brasilien, Polen, Israel und vielen weiteren Ländern. Sie alle haben im Tonstudio der Hans-Werner-Henze-Musikschule ihre Alben aufgenommen.
An einige Künstler erinnert sich Thomas Glor noch sehr gut. Da wäre zum Beispiel Shaul Bustan. Der israelische Komponist und Dirigent nahm von Dezember 2020 bis Mai 2021 in den Räumen der Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf in der Mark-Twain-Straße sein Album „Above the Treetops“ auf. Dabei brachte er ein Instrument mit, das Thomas Glor noch nie zuvor gesehen hatte: eine Oud. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Kurzhalslaute aus dem Orient.
Auch andere internationale Künstler haben die Möglichkeiten, die das nicht-kommerzielle Tonstudio in Hellersdorf bietet, für sich entdeckt und genutzt. So hat unter anderem der bulgarische Saxofonist Vladimir Karparov dort sein Album „Iglika“ eingespielt. Die aus verschiedenen Rollen bekannte Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin Susanne Bredehöft nahm eine EP auf.
Zudem kommt immer wieder die junge Berliner Jazzszene ins Studio. Komponist Peter Schindler, der schon mit Starpianist Lang Lang zusammengearbeitet hat, oder Jazz- und Blues-Schlagzeuger Torsten Zwingenberger haben hier ihre Musik aufgenommen. „Ich war kein Jazz-Fan, aber seit ich hier arbeite, hat sich das ein bisschen gewandelt“, erzählt Thomas Glor.
Bereits zweimal hat der aus Uruguay stammende Schlagzeuger Diego Piñera das Tonstudio genutzt. 2017 gewann Piñera den bedeutenden Musikpreis „Echo Jazz“. „Diego hat mich schon beeindruckt, weil er ein superguter Musiker ist und ich selbst Schlagzeug spiele“, erzählt Peer Triebler.
Gemeinsam mit seinem Kollegen kümmert sich Triebler um die im Bezirk einzigartige Einrichtung, die Musiker über die Senatskulturverwaltung zu subventionierten Stundensätzen buchen können. Das Tonstudio selbst wird vom Bezirksamt und dem Land Berlin finanziert.
Triebler hat einst Musik in Dresden studiert. Lange Zeit war er freischaffender Künstler. Mitte der 90er-Jahre fing er an, sich mit Ton- und Studiotechnik zu beschäftigen. Später absolvierte er eine Ausbildung zum Audio Engineer. Seit 2019 arbeitet er im Tonstudio. Dort kümmert er sich vor allem um die Betreuung der Künstler, die Aufnahmen und die Technik. Während die Musiker in bis zu fünf Aufnahmeräumen spielen, sitzt er in der Regie und mischt die Instrumente am Pult zum perfekten Klang zusammen. Sein Kollege Thomas Glor ist für das Booking und Management im Studio zuständig. Der gelernte Werkzeugmacher und Tontechniker, der jahrzehntelang in der Jugendförderung im Bezirk tätig gewesen ist, bis er 2018 zum Tonstudio kam, steuert unter anderem die Terminplanung. Er bearbeitet die Studioverträge, pflegt die Kontakte zu den Musikern und kümmert sich um die Webseite der gesamten Hans-Werner-Henze-Musikschule.
Vor Ort stehen neben zahlreichen Mikrofonen und Gitarrenverstärkern sowie moderner Aufnahmetechnik auch ein Schlagzeug, ein Flügel, ein E-Piano und zwei Klaviere zur Verfügung. Alle anderen Instrumente bringen die Musiker selbst mit. Zudem gibt auch die Möglichkeit, in den Räumen Videos für YouTube zu produzieren. Dabei unterstützt eine zusätzliche Honorarkraft. Einige Musikvideos sind hier auch bereits gedreht worden.
Manche Künstler, so berichtet Peer Triebler, wissen ganz genau, was sie wollen, und kommen bereits mit einem straffen Fahrplan zu ihnen. „Es gibt aber auch Leute, die treffen sich hier das erste Mal und lassen dann im Studio etwas entstehen.“ Mal würden sich Musiker zudem Gäste für ihre Produktionen einladen. Dann werde im Studio erst einmal viel geredet und ausprobiert, sich musikalisch gegenseitig kennengelernt.
„Manchmal haben wir hier eine Band, die noch gar keinen Plan hat. Die Musiker kommen her und sagen: ‚Was machen wir denn jetzt?‘“, sagt Thomas Glor. Gelegentlich bringt sich Peer Triebler mit seiner Erfahrung ein. Dabei muss er jedoch sehr sensibel vorgehen. „Einige lassen sich auf unsere Vorschläge ein und sind dafür dankbar, andere wollen dagegen gar keinen Einfluss von außen haben. Das ist ein schmaler Grat.“ Es komme auch mal vor, dass sie mit der Musik ihrer Kunden gar nichts anfangen könnten. „Da muss man dann professionell sein. Wir sind schließlich ein Dienstleister“, so Triebler.
Weitere Infos zum Tonstudio unter www.berlin.de/musikschule-mh/tonstudio.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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