Hochschule erarbeitet bundesweites Modellprojekt für Flüchtlingsheime
Hellersdorf. Die Alice Salomon Hochschule engagiert sich auf vielfältige Weise in der Flüchtlingspolitik. Mit einem Gewaltschutzkonzept und einem Modellprojekt für ein Beschwerdemanagement will eine Arbeitsgruppe für mehr Sicherheit an und in Flüchtlingsheimen sorgen.
Wissenschaftler der ASH initiierten Ende Januar ein deutschlandweit einzigartiges Pilotprojekt. Am Beispiel eines Flüchtlingsheims aus dem Bezirk sollen ein Gewaltschutzkonzept und ein Beschwerdemanagement mit Vorbildfunktion für ganz Deutschland entwickelt werden.
„Die Menschen haben in den Flüchtlingsheimen keine unabhängigen Ansprechpartner für ihre Probleme“, sagt Nivedita Prasad. Es gebe zwar die Heimleitung, die sei aber im Zweifelsfall Teil eines Problems und nicht immer an einer echten Lösung interessiert.
Die Professorin lehrt an der ASH soziale Arbeit. Sie hat zwei kleine Gruppen von jeweils vier bis fünf Studenten zusammengestellt, die sich mit Gewalt und Beschwerden in Flüchtlingsheimen beschäftigt. Sie hat dabei in den zurückliegenden Monaten erste Erfahrungen hauptsächlich mit dem Flüchtlingsheim an der Maxie-Wander-Straße gesammelt. Zu diesem Heim hat die ASH seit der Eröffnung im Sommer 2013 die engsten Kontakte.
Die Studenten nahmen während der zurückliegenden Monate 50 Beschwerden auf. 28 Mal spielte der Sicherheitsdienst darin eine wichtige Rolle. Da geht es um Handgreiflichkeiten, Beleidigungen, Rassismus.
Den Hauptgrund für Probleme in den Flüchtlingsheimen vermutet Prasad in der schlechten Auswahl und der noch schlechteren Ausbildung der Security-Leute. Diese sind außerhalb der Dienstzeiten des eigentlichen Personals, also nachts und an den Wochenenden, die einzigen Ansprechpartner für die Flüchtlinge und regeln Vieles nach Gutdünken.
Zumindest aus dem Heim Maxie-Wander-Straße seien kaum ethnische oder religiös bedingte Konflikte zwischen Flüchtlingsgruppen bekannt. „Gewaltvorfälle gibt es hauptsächlich innerhalb der Familien“, erläutert Prasad. Auch hier seien die ersten „Schlichter“ meist die Sicherheitsleute, die dafür überhaupt nicht ausgebildet sind. „Wenn ein deutscher Mann seine Frau schlägt, muss er die Wohnung unter Kontaktverbot verlassen. Ein Flüchtling wird bestenfalls in ein anderes Zimmer verlegt und trifft am nächsten Morgen seine Frau beim gemeinsamen Frühstück wieder“, erläutert sie.
Wenn Flüchtlinge sich über Behandlung und Bedingungen in ihrem Heim beschweren wollen, müssen sie das bei der Heimleitung unter den Augen des Personals und der Security tun. „Die Flüchtlinge brauchten einen anderen, neutralen Ort mit neutralen Ansprechpersonen, um ihre Beschwerden loswerden zu können“, schlussfolgert Prasad.
Wie dies in der Praxis funktionieren kann, soll zum Wintersemester am Beispiel eines Flüchtlingsheims in Marzahn-Hellersdorf erprobt und weiterentwickelt werden. Welches dies sein wird, ist noch offen. hari
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.