"Ich mag die Hellersdorfer Promenade so, wie sie jetzt ist"
Interview mit Quartiersmanagerin Irina Warkentin zum 15-jährigen Bestehen des QM-Gebiets
Vor 15 Jahren wurde das Gebiet rund um die Hellersdorfer Promenade vom Senat und dem Bezirk als Quartiersmanagementgebiet (QM) festgelegt. Aus Anlass des kleinen Jubiläums blickt Projektleiterin Irina Warkentin im Gespräch mit Berliner-Woche-Reporter Philipp Hartmann auf die Zeit seit 2005 zurück und zugleich nach vorn.
Was war bis heute der größte Fortschritt und was zeichnet das Gebiet für Sie persönlich aus?
Irina Warkentin: Der größte Fortschritt liegt in der Vernetzung der Akteure und Partner hier vor Ort, die in der Zeit geschaffen wurde, vor allem bei den soziokulturellen Trägern. Die Einrichtungen arbeiten sehr eng miteinander zusammen und nutzen die eigenen Ressourcen, um gemeinsam Initiativen und Projekte zu starten. Das ist eine sehr wichtige Entwicklung und gewinnbringend für das Quartier. Die Menschen, mit denen wir zu tun haben, die sich bewusst für den Kiez engagieren, sind wirklich mit Herz und Seele dabei. Sie zeigen ein Engagement, das über die Erwartungen hinausgeht.
Haben Sie eine Lieblingsecke im Quartier?
Warkentin: Ich mag die Hellersdorfer Promenade so, wie sie jetzt ist, nachdem sie umgestaltet und auch belebt worden ist. Das war vor einigen Jahren absolut nicht der Fall. Die Hellersdorfer Promenade war schon sehr durch Leerstand gekennzeichnet. Sie war ja früher mal eine Einkaufsmeile, hat dann aber vor allem mit der Entstehung der Hellen Mitte und des Kaufparks Eiche an Bedeutung verloren. Mittlerweile hat sie sich sehr gemacht durch die Spielmöglichkeiten, die hier entstanden sind, und einfach, dass wieder mehr Menschen unterwegs sind. Sie ist ja eine Fußgängerzone, und das macht sie auch attraktiv, weil man sich hier aufhalten kann, ohne von Autos gestört zu werden.
Wie weit ist das QM hinsichtlich des Ausbaus nachbarschaftlicher Angebote vorangekommen?
Warkentin: Es ist insofern vorangekommen, dass auch tatsächlich nachbarschaftliche Strukturen auf ehrenamtlicher Basis entstanden sind. Es gibt ein Netzwerk Ehrenamt und ein Netzwerk Nachbarschaft. Das sind alles Initiativen, die aus dem QM erwachsen sind und mittlerweile selbstständig weiterlaufen. Im „Bunten Haus“ (Mehrgenerationenhaus in der Hellersdorfer Promenade 14, Anm. d. Red.) sind ganz viele Initiativen und Projekte durch die Bewohnerschaft selbst entstanden. Es gibt verschiedene Interessengruppen, die zusammen Ausflüge organisieren oder eine Skatrunde. Und dann gibt es die tolle Gruppe „Der Friedhof kann warten“. Das sind vor allem ältere Frauen mit und ohne Migrationshintergrund, also eine gemischte Gruppe, und sie sagen: ,Wir sind zwar alt, aber das heißt noch lange nicht, dass wir nicht aktiv sind.‘ Sie unternehmen ganz viel, tanzen, singen, basteln und erkunden Berlin. Wirklich schön.
Als Schlüsselprojekt gilt der Ausbau der Kinderforschungszentrums Helleum für ältere Schüler zum Helleum II, der aber ins Stocken geraten ist. Ist dieses Projekt gescheitert?
Warkentin: Nein, gescheitert ist es auf keinen Fall, nur ein bisschen aufgeschoben, wie vieles gerade. Wegen Besonderheiten, die beim Bauen festgestellt worden sind und man im Vorfeld nicht ahnen konnte, verzögert sich das nach hinten. Aber die Gelder sind bereitgestellt.
Wie geht es in Zukunft im Quartier weiter?
Warkentin: Unser Quartier wächst. Da ist immer noch eine große Dynamik drin. Der Wohnungsneubau bleibt ein spannendes Thema. Es kommen neue Leute dazu, die auch verschiedene Geschichten und kulturelle Hintergründe mitbringen. Ich glaube, das ist für die Hellersdorfer Promenade noch relativ neu. Dieses Zusammenwachsen von Alt und Neu muss vielleicht noch ein bisschen moderiert und unterstützt werden. Für uns wichtig ist nach wie vor die Bildung. Wir haben ja einen Bildungscampus hier ins Leben gerufen, der Bildungscampus Kastanienallee, der sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird. Und es ist angekündigt, dass wir im Jahr 2022 untersucht werden, ob das Quartier verstetigt wird. Das bedeutet, dass das Gebiet aus der Förderung des Programms „Sozialer Zusammenhalt“ entlassen wird und die Strukturen, Projekte und Initiativen, die erfolgreich und wichtig sind, sich auch nach Auslaufen des Förderprogramms von alleine tragen. Insofern bleibt es natürlich auch für uns eine spannende Frage, wie es für uns formal weitergeht.
In der Großsiedlung leben heute knapp 11 000 Menschen. Fast jeder Dritte bezieht Transferleistungen. Welche Probleme konnte das QM bisher nicht lösen?
Warkentin: Ursprünglich wurde das Quartier eingerichtet, weil die Indikatoren dafür gesprochen haben, dass es sich hier um ein benachteiligtes Gebiet handelt. Ich denke, diese Situation haben wir als QM nicht ändern können. Das liegt nicht an den Möglichkeiten dieses Programms. Wir können viel dazu beitragen, dass die Leute sich hier wohlfühlen, dass Strukturen und Angebote geschaffen werden, durch die versucht wird, Benachteiligungen auszugleichen oder auch einfach Chancen zu erhöhen, dass Menschen an allen Bildungs- und Freizeitangeboten teilhaben können. Wir werden aber nicht im Grund ändern können, dass es hier vielleicht Menschen gibt, denen es sozial nicht so gut geht. Kinderarmut und Arbeitslosigkeit sind Faktoren, die durch so ein Programm einfach nicht zu ändern sind.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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