Kleinhaussiedlung Berlin-Hermsdorf wird 75 Jahre alt
Vom Behelfsheim zum schmucken Haus
Die Kleinhaussiedlung Berlin-Hermsdorf feiert ihr 75-jähriges Bestehen am Sonnabend, 27. Juli, mit einem Fest an der Bertastraße 8 S von 17 Uhr bis Mitternacht.
Beinahe wäre 1994, im 50. Jahr des Bestehens der Siedlung, alles zu Ende gewesen. Ein Pachtvertrag des Vereins Kleinhaussiedlung Berlin-Hermsdorf mit dem Bezirksamt aus dem Jahr 1979 sah vor, dass die Parzellen 1994 ersatzlos zu räumen seien. Doch es kam anders. Schon seit 1986 versuchte der Vorstand des Vereins, dauerhafte Lösungen zu finden. Ab 1991 wurde ein Bebauungsplan vorbereitet, der schließlich 1998 festgesetzt wurde und die Siedlung dauerhaft sicherte.
Dass es heute auf dem Areal zwischen Veltheimstraße, Gertrudstraße, Schildower Straße und Bertastraße eine Siedlung mit 56 schmucken Häusern gibt, hat zunächst mit der Not des Zweiten Weltkriegs zu tun. Die Straßen umfassten ursprünglich einen Sportplatz. Als immer mehr Berliner ihre Wohnungen mit den Bombardierungen der deutschen Hauptstadt verloren, richtete die Kommune 1944 hier eine sogenannte Behelfsheimsiedlung ein. Auf jeweils höchstens 35 Quadratmetern fanden die Ausgebombten eine neue Bleibe, die Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen erfüllten nur bescheidene Ansprüche.
Wohnfläche heute
fast dreimal so groß
Mit den Jahren wurde aus dem Provisorium eine dauerhafte Siedlung. Schließlich konnte der Wiederaufbau in West-Berlin nicht sofort die Wohnungsnot lindern, und die Bewohner der Behelfsheime begannen, die Nähe des Waldsees und die Gärten um die kleinen Gebäude zu schätzen. Diese wurden zumeist in Eigenleistung ausgebaut. Zunächst waren offiziell „familienfreundliche“ 58 Quadratmeter Wohnfläche erlaubt, nach 1994 setze dann ein richtiger Bauboom ein. Heute haben die Häuser im Erdgeschoss 60 und im Dachgeschoss 40 Quadratmeter Wohnfläche.
Noch immer sind die Siedler im Verein Kleinhaussiedlung Berlin-Hermsdorf zusammengeschlossen. Der Verein verwaltet das Gelände, und schafft ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis. Beim Vor-Ort-Termin grüßt der Vereinsvorsitzende Wolfgang Popp jeden auf der Straße, und er wird freundlich zurück gegrüßt. Sein Sohn ist gerade unterwegs, um eine 83-jährige Nachbarin von einem Notartermin abzuholen.
Die Lichter gingen schnell mal aus
Popp wurde 1986 in den Vereinsvorstand gewählt, seit 1989 ist er Vorsitzender. Als wichtigste Aktivität des Vereins nennt er neben der grundsätzlichen Bewahrung der Siedlung die Modernisierung der Infrastruktur. Bis 1984 kam der Strom aus freiliegenden Leitungen. „Wenn in drei Häusern die Waschmaschinen angestellt wurden, gingen hier die Lichter aus“, erinnert sich Popp an seine Anfangszeit in der Siedlung. Auf die 1984 neuen Stromleitungen – gegraben haben die Siedler dafür in Gemeinschaftsarbeit – folgte 1994 eine erneuerte Frischwasserzufuhr. Gleichzeitig wurden Erdgasleitungen verlegt.
Wie sehr die Siedlung von den Bewohnern geschätzt wird, zeigt die Eigentümerstruktur. 50 Häuser gehören den Bewohnern, nur sechs sind noch gepachtet.
Das 75-jährige Bestehen der Siedlung wird von Bewohnern und Interessierten gefeiert am Sonnabend, 27. Juli, von 17 Uhr bis Mitternacht an der Bertastraße 8 S. Das Bühnenprogramm inklusive Tanzmusik bestreitet die Band Back Beat Berlin. Für Speis und Trank ist gesorgt. Der Eintritt ist frei. Das Foto aus dem Oktober 1944 zeigt die entstehende Behelfsheimsiedlung.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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